Ausgabe 446 - 11/2017
Von Pontius zu Pilatus
Die Nationalratswahl ist vorbei. Auch wenn der Augustin sich gern, aber nicht immer, expliziten Kommentaren zu aktuellen politischen Ereignissen entschlägt, können wir die Wahl und ihr Ergebnis nicht ignorieren. (Nebenbei bemerkt, wünschen sich die einen viel mehr Politik im Augustin, während unser Blatt anderen viel zu politisch ist – welcher Fraktion Sie auch angehören, kaufen Sie die erste österreichische Boulevardzeitung trotzdem.)Der Konsens fast aller Menschen in diesem Land lautet vermutlich: Wir sind froh, dass es vorbei ist. Dass die zu erwartende schwarztürkis-blaue Regierung für Menschen mit schmaler Brieftasche keine Besserung ihrer Einkommens-, Wohn- und anderen Lebenssituationen bringen wird, ist abzusehen. Schon jetzt wurde und wird die Mindestsicherung immer wieder beschnitten und werden die Bezieher_innen zusehends in die Rollen von Almosenempfänger_innen gedrängt. Davon kann unsere Verkäuferin und Autorin Antonia Kofler wahrlich ein Lied singen. Auf Seite 37 erzählt sie, wie sie «Auf dem Sozialamt» von Pontius zu Pilatus geschickt wurde.
Mit der Aussage «Nach der Wahl ist vor der Wahl» liegt mensch
immer richtig. 2018 stehen die Wienwahlen auf dem Kalender, es lohnt sich die Positionen der Parteien zu Thematiken und Problematiken von Stadt und Land anzuschauen. Michael Bonvalot hat Aussagen der Bürgermeisteranwärterpartei FPÖ unter die Lupe genommen (S. 11), und – wenig überraschend – fordern deren Funktionär_innen massive Kürzungen, unter anderem im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie bei den Öffis. In der Fraktion des derzeitigen Amtsinhabers «outete» sich bisher nur Wohnbaustadtrat Ludwig als Kandidat. Wohnbau in Wien: eine wahrlich große Baustelle. Obwohl an allen Ecken um- und abgerissen, hoch-, tief- und umgebaut wird, mangelt es an Wohnraum: zu wenig, zu teuer, und – im Fall von Gemeindebauten – wegen bürokratischer Hürden unerreichbar. Wird es an der Zeit, sich nach behausbaren Alternativen umzusehen? Zum Beispiel Buswartehäuschen? Barbara Ungepflegt bewohnte ein solches im Rahmen ihres zweiwöchigen Kunstprojektes, Rudolf Wimmer logiert seit über 20 Jahren tatsächlich in einem Wartehäuschen. Céline Béal traf beide und berichtet auf Seite 8. Eigentlich ist ein Bahnhof auch nichts anderes als ein großes Wartehäuschen mit Infrastruktur. Chris Haderer widmet sich in einer neuen Serie den im Verschwinden begriffenen Bahnhofrestaurants (S. 20) und nimmt zum Auftakt Wiens Hauptbahnhof aufs Korn.