Ausgabe 448 - 11/2017
Eine Grande Dame in der «Sandlerzeitung»!?
Der Blick auf das Cover dieser Ausgabe sorgte womöglich für Irritationen: Was hat Lotte Tobisch hier verloren? Die ehemalige Organisatorin des Opernballs, also jener Veranstaltung, zu der der Augustin vor rund 20 Jahren mit seinem «Opferball» bewusst einen Kontrapunkt setzte? Prallen da nicht Welten aufeinander?!Den Opernball an sich können wir noch immer nicht gutheißen, aber Frau Tobisch auf diese Tätigkeit, die nur ein Kapitel in ihrem langen Leben ausmachte, zu reduzieren, wäre genau so eindimensional gedacht wie den Augustin auf eine «Sandlerzeitung» zu verkürzen. Wir wussten, dass Lotte Tobisch eine weltoffene Frau ist, die ihren Mitmenschen auf Augenhöhe begegnet, mehr noch, dass sie selbst auf jene zugeht und zur Diskussion einlädt, die ihr kritisch gegenüberstehen. Diese humanistische Haltung gefällt uns, also fragten wir sie, ob sie uns neben anderen «prominenten» Personen (die peu à peu in den nächsten Ausgaben präsentiert werden) bei unserer neuen Augustin-Kampagne unterstützen möchte (an dieser Stelle ein Danke an unsere Kreativpartner Erdgeschoss und Schreibkraft). Und Frau Tobisch sagte ohne zu zögern zu und lud unsere Kampagnen-Crew umgehend – an einem Feiertag (!) – zu sich nach Hause ein, wo sie auch Stellung zum Opernball bezogen hat (S. 28).
Franz Scheriau ist wohl nur Expert_innen in Sachen Donauschifffahrt ein Begriff. Höchste Zeit also, ihn auch der breiten Öffentlichkeit der Augustin-Leser_innenschaft vorzustellen, denn dieser Kapitän blickt weit über die Reling seiner Schiffe hinaus. Er hätte nämlich ein Konzept zur nachhaltigen Vernetzung von älteren arbeitslosen Handwerker_innen und jungen Jobsuchenden in der Schublade. Dort muss es vermutlich auch ewig liegen bleiben, weil Antragsformulare für Förderprogramme von Arbeitslosen kein Kästchen für experimentelle Ideen anbieten. Robert Sommer besuchte Franz Scheriau umgeben von seiner Flotte (S. 6).
Über die Werksbesichtigung einer Pudding-Fabrik berichtet Christa Neubauer (S. 18). Unsere Mitarbeiterin ist erstaunt darüber, dass das für die Lebensmittelproduktion Relevante nicht zu sehen war. Entertainment auf billigstem Niveau sozusagen, darüber konnte nicht einmal der beeindruckende «Puddingomat» hinwegtäuschen.
Zufälligerweise heißt die Protagonistin in Brigitte Schmolmüllers Prosa-Dialog mit Vornamen wie die Protagonistin der aktuellen Cover-Story, also Lotte (S. 36). Eine eloquente Figur, die einen in Sachen Erotik einfach gestrickten Ernst in die Schranken weist. Auch zu lesen als literarische Verarbeitung der #metoo-Debatte, mit der sich Redaktionskollegin Ruth Weismann auf journalistische Weise auseinandersetzt (S. 15) und sich vermutlich auch noch in späteren Ausgaben damit beschäftigen wird müssen.