Ausgabe 449 - 12/2017

Schwarzkappler und Kastln aus Metall

Zwischen «Es wird immer sei’, wie’s immer war» (Peter Cornelius) und «The Times They Are A-Changin’» (Bob Dylan) bewegt sich üblicherweise das Leben. Ob der Veränderung oder der Beharrlichkeit der Vorzug zu geben ist, ist nur im jeweiligen Einzelfall entscheidbar.Beharrlich zeigt sich oft die Sprache. In Wien werden bekanntlicherweise die Kontrollorgane der Wiener Linien als «Schwarzkappler» bezeichnet. In den über 25 Jahren, die ich nun in dieser Stadt lebe und mit Öffis fahre, geriet ich des Öfteren in eine Fahrscheinkontrolle. Die namensgebend schwarze Kappe habe ich dabei noch niemals auf den Köpfen der Kontrolleur_innen gesehen. Vermutlich werde ich irgendwann das Verkehrsmuseum in Erdberg besuchen, um dieses offenbar vor Jahrzehnten abgeschafften Uniformteils ansichtig zu werden. Das Verkehrsmuseum der Wiener Linien thematisiert übrigens auch den Wechsel zum schaffnerlosen Betrieb (sagt die Homepage tram.at). Auch dazu existieren bekannte Textzeilen in Liedgestalt: «A Mensch wird ersetzt durch a Kastl aus Metoi.» («Schaffnerlos» Ambros/Prokopetz/Tauchen)

Durch ein Kastl aus Metall und Plastik wurde und wird aufgrund zunehmender Automatisierung so manche menschliche Ansprechperson ersetzt. Mit SB-Foyers in Bankfilialen sind wir schon lang vertraut, problematisch kann es werden, wenn Kund_innen ein Anliegen haben, für das die elektronischen Geräte nicht programmiert wurden. In der aktuellen Folge der Wiener Wirtschaft setzen sich Ulli Gladik und Clemens Staudinger mit den Folgen der Automatisierung am Beispiel von Rückgabeautomaten der Städtischen Büchereien auseinander (S. 11). Der Einsatz der Geräte soll helfen, «Mitarbeiter_innen für den Kontakt insbesondere mit Kindern und Jugendlichen freizuspielen», heißt es von Seiten der Pressestelle der Büchereien. «Schalterpersonal» wird allerorts weniger. Einige Bevölkerungsgruppen wünscht der «Zeitgeist» offenbar am liebsten gar nicht mehr zu sehen. Etwa Menschen mit (schweren) Behinderungen – Lisa Bolyos sprach mit der Bloggerin und Buchautorin Mareice Kaiser über deren mitunter haarsträubende Erfahrungen als Mutter eines behinderten Kindes mit der verständnislosen Außenwelt (S. 8). Auch die Problematik von Obdachlosigkeit und vor allem die obdachlosen Menschen selbst will man vielerorts nicht sehen. Chris Haderer berichtet, wie die Einrichtung einer Notschlafstelle in Villach vorerst verhindert wurde (S. 10). Der Augustin sieht es von Anfang an als vornehmlichste und vornehmste Aufgabe, den unsichtbar – und oft auch mundtot – Gemachten ein Forum zu bieten. Diese «Untensicht» ist dem Nino aus Wien 2,50 Euro wert. Mario Lang traf den Musiker und eines der Testimonials unserer aktuellen Kampagne im Café U1 (S. 31).

Rascheln

Ein Gedicht von Katharina KleibelGeht man durchs Laub

so raschelt es

steht da ein Baum

hoch herausragend

mit weit verzweigten Ästen

wartend bin ich

am Bahnhof

ein Zug fährt ab

in Moll die Tonleiter zu hören ist

welch befremdliches Geräusch

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Ein zauberhafter Gockelhahn

Ein Märchen

Es war einmal ein Dorf in einem Königreich, in dem ein alter Mann namens Erkan lebte. Er war kein reicher Mann, auf seinem Hof hatte er lediglich ein paar Hühner und einen stattlichen Hahn.

Grafik: Karl Berger
Eines Morgens grub der Hahn im Garten u… weiterlesen

Das Wetter

Das Wetter hat schon für viele Überraschungen gesorgt. Heuer, eine sehr schöne, war dieser Herbst. Da waren alle Farben und es war gar nicht so kalt. Das alles aber nur bei uns.

Foto: N. Towin
Aber, auch bei uns stöhnen die Landwirte. Das ist kaum e… weiterlesen

Weisheit ist Kraft des Geistes

Über die Ausstellung im Belvedere «Die Kraft des Alters»

Das war mir noch nie passiert; innerhalb einer Ausstellung vor einer Installation stehend und der Ausbruch meiner Tränen, die ich zurückhalten musste, um nicht gesellschaftliche Grenzen zu überschreiten.

Grafik: Jella Jost
Ich dachte mir, ich möchte… weiterlesen

Leben mit angezogener Bremse

Jugendliche Flüchtlinge in Wien

Sicherheit, Bildung, Zukunft? Wollen wir alle. Doch jugendliche Flüchtlinge in Wien können davon oft nur träumen, stellen Michael Bodenstein und Alban Knecht (Text) fest. Dafür verantwortlich ist eine Politik, die die Jugendlichen vor allem wart… weiterlesen

«Man muss auch einfach mal behindert sein dürfen»

Mareice Kaiser bloggt über das Leben mit Kindern – behindert oder nicht

Inklusion, was heißt das eigentlich? Die Bloggerin Mareice Kaiser beschreibt in ihrem Buch «Alles inklusive» das Leben mit ihren Töchtern, von denen eine schwer behindert ist. Nach ihrer Lesung in Wien hat Lisa Bolyos (Text und Foto) sie zum Ges… weiterlesen

Schlaflos in Villach

Politik verhindert Notschlafstelle

«Betteltourismus» verhindern. Mit ­diesem Argument blockieren SPÖ, FPÖ und ­Grüne die Einrichtung einer Notschlafstelle für Erwachsene in Villach. Das System geförderter Wohnungen sei völlig ausreichend, finden die Parteien. Chris Haderer (Text … weiterlesen

Herr Novak kann nicht mehr schäkern

Automatisierung im Alltag

Bankgeschäfte werden von Kund_innen ­erledigt. Bahntickets spuckt der Automat aus. In den ­Büchereien der Gemeinde Wien arbeiten Bücherverwaltungsautomaten. Begegnungen werden reduziert, Ökonomie bestimmt das soziale Leben. Ein Lokalaugenschein … weiterlesen

Protestbriefe schreiben 2017

Der Künstler Erik Tannhäuser erregte schon 2015 mit einer «Menschenrechtsskulptur» in Bremen Aufsehen. Diese stellt das sogenannte «Waterboarding» dar, eine Foltermethode.Am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember, installiert Tannhäuser gemeinsam m… weiterlesen

Mehr als ein Kost-Nix-Laden: «Die Schenke»

«In der Außenwahrnehmung ist die Schenke wohl nur ein Kost-Nix-Laden, doch es handelt sich vielmehr um einen offenen Raum, den jede_r nutzen kann», hält Aladin fest.
Beim Projekt «Die Schenke» ist der Name natürlich Programm, und im Programm steht, s… weiterlesen

Ein Bunker im Dreiländereck

Ehemaliger Oberst kaufte sich seinen früheren Arbeitsplatz

Museen sind Andreas Scherer lieber als Friedhöfe. Aus diesem Grund hat er eine aufgelassene Sperrstellung des österreichischen Bundesheeres in ein Museum verwandelt: in das Bunkermuseum am Wurzenpass. Chris Haderer (Text & Fotos) hat sich do… weiterlesen

«Fußballspielen stärkt das Selbstbewusstsein»

Fußballerinnen kicken für Frauenprojekte in Wien

Der FC Mariahilf organisierte im Herbst sein erstes Frauenfußball-Benefizturnier. Veronika Reininger (Text und Fotos) besuchte die Heimstätte des FC Mariahilf in Simmering (!), wo acht Hobbyfußballteams angetreten sind.«Wir veranstalten schon se… weiterlesen

«Ständig Kekse und Tee»

Mit dem Frachtschiff Vera D über den Atlantik

Auf einem Frachtschiff sind sole noir (Text und Fotos) von Spanien über Portugal und Kanada nach Kuba gereist. Auf der dreiwöchigen Überfahrt haben sie die Auswirkungen der Atlantik-Tiefdruckgebiete direkt vor Ort zu spüren bekommen und außerdem… weiterlesen

«Den Dingen Zeit geben»

Lokalmatadorin Babsi Daum

Babsi Daum erfreut mit ihren Schau-Fenstern die Passant_innen des Stuwerviertels. Von Uwe Mauch (Text) und Mario Lang (Foto).Arbeit in Auslage. Von Zeit zu Zeit bleiben Menschen stehen. Auch solche, die sich sonst nicht sonderlich für Kunst inte… weiterlesen

Ein «fesches» Etikett

Essiggurkerl aus Hostice nach mündlich überlieferter Rezeptur

Selbst Essiggurkerl sind nicht davor gefeit, zu überregionaler Bekanntheit zu gelangen, siehe Spreewälder Gurken oder Znaimer Gurken (Znojemské okurky). Hostice in der Südostslowakei wird noch nicht mit Einlegegemüse assoziiert – das soll sich aber m… weiterlesen

Der Kampf um die Stadt

Künstlerhaus: «Haselsteinkohle» entzweit Künstler_innengenossenschaft

Hans Peter Haselsteiner baut überall auf der Welt Großbrücken, Großtunnels, Groß-Staumauern, Erdölförderanlagen, Atomkraftwerke und Autobahnen. Die «unschuldigste» seiner Baustellen ist das Künstlerhaus am Karlsplatz. Aber auch diese fordert Opfer. D… weiterlesen

Ibsen und der Zynismus der Kulturkritik

Politisches Theater?

Die deutsche Regisseurin Jette Steckel hat am Burgtheater Henrik Ibsens Stück «Ein Volksfeind» auf die Bühne gebracht. Auf großartige Weise schafft es ihre Inszenierung, die Verquickung von Profitinteressen, politischer Macht und gesellschaftli… weiterlesen

«… kauft sich einen Augustiiiin!»

Zum zweiten Mal unser Posterboy: Der Nino aus Wien

Fotoshooting mit dem nächsten Star der Augustin-Kampagne: Nino Mandel, Liedermacher, allseits bekannt unter Der Nino aus Wien, hat sich mit Mario Lang unterhalten. (Fotos: Gerhard Schmolke)Den Treffpunkt, den hat der Nino selbst gewählt: das Caf… weiterlesen

Eintauchen und auftauchen

Musikarbeiter unterwegs … Graz, Yppenplatz, Deutschland

Dives nennt sich ein junges Wiener Trio. Im November erschien ihr aufregendes, selbstbetiteltes Sechs-Songs-Tonträger-Debüt.Von Rainer Krispel (Text) und ­­Mario Lang (Foto)Dora De Goederen kommt als Erste ins Café am Yppenplatz, mit dabei eine … weiterlesen

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