Ausgabe 454 - 03/2018
Zweifelsfrei segensreich
Ein Überwachungskamerawagen auf dem Vorplatz, regelmäßige Patrouillen in der Bahnhofshalle und immer öfter großangelegte Schwerpunktkontrollen – wer den Praterstern kennt, der oder die kennt auch die Wiener Polizei.Und wer dem äußeren Anschein nach nicht unbedingt in Wien geboren ist, kennt sie besonders gut. Dass sich die Polizei im Zuge ihrer Kontrollen – nicht nur am Praterstern – bevorzugt Menschen mit dunkler Hautfarbe herausgreift, stellt sie freilich in Abrede. Auch wenn die Fakten genau das nahelegen. Christof Mackinger hat sich unter Expert_innen für und Betroffenen von Racial Profiling umgehört und nützliche Informationen für Opfer und Zeug_innen von rassistischer Polizeiwillkür zusammengetragen (S. 6).
Weniger verfolgt, vielmehr umsorgt darf sich in Wien dagegen fühlen, wer sein Geld in der Entwicklung und Verwertung von Immobilien macht. Als segensreich erweisen sich in diesem Zusammenhang gute Beziehungen ins Rathaus, über die etwa die Soravia Investment Holding GmbH zweifelsfrei verfügt. Vor wenigen Wochen erst erhielt das Unternehmen den Zuschlag für die Nachnutzung der ehemaligen Sargfabrik in Wien Liesing, die derzeit noch vom Kulturverein F23 bespielt wird. Christian Bunke hat den Fall zum Anlass genommen, um der Soravia und ihren Praktiken genauer nachzugehen (S. 13).
Der natürliche Feind des Transportarbeiters ist indes das Stiegenhaus, zumal mit einem Klavier am Bauch. Wobei Klavier nicht gleich Klavier ist, wie Wenzel Müller auf seiner Tour mit Kristof Tomczyk und Gerhard Kary herausgefunden hat (S. 18). Zwischen 200 und 500 Kilogramm wiegen die Tasteninstrumente, die die beiden von Berufs wegen Tag für Tag von A nach B bringen. Auf bis zu fünf Transporte bringen sie es täglich – jeder einzelne ist, erst einmal zu Ende gebracht, ein jedenfalls gefühlter Gipfelsieg.
Ihr Comeback auf der U4, der letzten Seite des Heftes, gibt in dieser Ausgabe Magdalena Steiner. Schon bisher hat die Weinviertler Künstlerin für den AUGUSTIN literarische Arbeiten illustriert. Nach Musils Mann ohne Eigenschaften und Joyces Ulysses ist nun die Bibel an der Reihe. Am Beginn des Zyklus steht, wie könnte es anders sein, Die Schöpfung. Was soll man dazu noch sagen? Ein wahrer Segen, Kruzifix!