Ausgabe 456 - 04/2018

Haarsträubend
Wer es sich zur Aufgabe macht, regelmäßig zur Veröffentlichung gedachte Texte zu verfassen, muss nicht nur für inhaltliche Abwechslung sorgen, sondern auch darauf achten, abgelutschte Schlagwörter und Phrasendrescherei zu vermeiden.«Ein weiteres Bündel Substantive …: Sieh nur, wie die Wortkäufer sie drehen und wenden … Mit den Verben ist es nicht besser … Es ist ein Markt, alles ist mit Fliegendreck bedeckt, wie wäscht man Sprache?», schreibt die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood in einer poetischen Parabel. Sprache ist ja immer schon gebraucht, abgenutzt. Im Journalismus ist der Genauigkeit gegenüber der Originalität der Vorzug zu geben, und bei Neuschöpfungen ist äußerste Vorsicht geraten, so manche Kreation erweist sich weniger als originell, vielmehr als schlechte Ausdrucksweise. Haarsträubend findet Tagebuchschreiber Gottfried so manche verbale Neuerfindung, die er da via TV zu hören bekommt (vgl. Seite 43). Haarsträubend sind auch die Beschlüsse und Vorhaben der schwarz-blauen Regierung, da ist immerzu von Streichungen, Kürzungen, Deckeln, Sparen, Strafen verschärfen usw. die Rede; eine großangelegte Umverteilungsaktion, die Armen und wenig Verdienenden finanzielle Mittel entzieht, um sie den wohlhabenden Schichten zuzuführen, wurde in Gang gesetzt; gesellschaftspolitisch bewegt man sich zurück – anlässlich 100 Tage Schwarz-Blau haben sich Johanna Jaufer und Samuel Stuhlpfarrer die Regierungsarbeit genauer angesehen und ziehen Bilanz (Seite 6).
Die Arbeitswelt verändert sich. Das tut sie, sagen wir, in den letzten 200 Jahren, ständig. Viele Prognosen sprechen jedoch von dramatischen Umbrüchen in der nahen Zukunft. Gründe dafür sind u. a. steigende Automatisierung und Digitalisierung. Damit und mit den möglichen Auswirkungen auf Arbeitnehmer_innen und Arbeitslose beschäftigten sich die Teilnehmer_innen des heurigen Symposions Dürnstein. Martina Handler besuchte die Veranstaltung und berichtet darüber auf Seite 10. Zu befürchten ist, dass die Zahl prekär arbeitender und lebender Menschen enorm wachsen wird. Den AUGUSTIN gibt es ja, um Menschen, die sich finanziell in prekärer Lage befinden, eine Zuverdienstmöglichkeit zu bieten, und da das Medien- und Sozialprojekt selbst ein wenig prekär aufgestellt ist, sind uns seit einigen Jahren unsere 333 Liebhaber_innen eine unverzichtbare Stütze. Derzeit sind wir wieder auf der Suche nach Menschen, die mit 25 Euro im Monat den Erhalt des AUGUSTIN sichern helfen – mehr dazu erfahren Sie auf Seite 11.
Übrigens haben Studierende der Uni Wien und der AUGUSTIN etwas Neues ausgeheckt: Auf Seite 23 stellen wir einen besonderen Stadtplan vor – eine Wien-Karte, auf der die Standplätze unserer Verkäufer_innen eingetragen sind.