Ausgabe 464 - 08/2018
Wenig schlau und ziemlich blöd
In der U6 stinkt es – vor allem im Sommer. Das liegt nicht nur an den diversen Speisen, die, wer weder Zeit noch Geld für einen ausgedehnten Restaurantbesuch aufzubringen in der Lage ist, in der U-Bahn verzehrt (deshalb gilt zwischen Floridsdorf und Siebenhirten in Bälde auch ein generelles Leberkäsesemmel- und Kebabverbot). Es liegt vor allem auch an den unangenehmen Ausdünstungen der Fahrgäste selbst. Folgerichtig verteilte Stadträtin Ulli Sima – bekanntermaßen nie um eine blöde Idee verlegen – zuletzt Gratis-Deodorants in der U-Bahn-Station Währinger Straße. Die Botschaft: Wer nach einer schweißtreibenden Schicht (beispielsweise im Straßenbau) oder einem Tag unter der Sommersonne (etwa mangels festem Wohnsitz) nicht ganz so dufte riecht, möge sich doch bitteschön vor der Öffi-Nutzung eindüfteln.Auch im roten Wien (mit blassgrüner Note) haben die Sozialdemokrat_innen, so scheint es, den Draht zu denjenigen, die sie einst vertreten wollten, gänzlich verloren. Über die Ursachen dafür und darüber, wie es gelingen könnte, eine fortschrittliche Zukunftserzählung in die Welt zu setzen, hat sich Gregor Stadlober kundig gemacht. Die ganze Geschichte lesen Sie auf Seite 6.
Weniger schlau war übrigens schon Simas vorletzte Idee, die nämlich, Musiker_innen für Wiens U-Bahn-Stationen zu casten. Wer das im letzten Jahr eingerichtete Vorspielen erfolgreich hinter sich gebracht hat, darf nun ohne Entgelt und in den engen Grenzen trauriger Bodenmarkierungen die größeren Sünden der frühen 90er Jahre covern – um das «subjektive Sicherheitsgefühl» der Wiener_innen zu stärken. In diesem Setting kann es nur Verlierer_innen geben.
Um ein Casting ganz anderer Art geht es dagegen in unserer Titelgeschichte. Mareike Boysen (Text) und Nina Strasser (Fotos) haben sich am Rande eines internationalen Wettbewerbs in Liesing herumgetrieben, um mehr über Casting zu erfahren – eine Art «Turnierangeln auf der Wiese». Das Ergebnis ist nicht nur eine ausnehmend lesenswerte Reportage (S. 18), es wirkt darüber hinaus auch noch dem «dramatischen Anerkennungsproblem» dieses «Randsports unter den Randsportarten» entgegen. Der Herr über die Vorstadt, Kollege Schachner, hat es sich obendrein nicht nehmen lassen, Boysens Text für unsere acht- bis zwölfjährigen Leser_innen zu adaptieren (Seite 26). Das AUGUSTINCHEN, also die Kinderseiten im AUGUSTIN, sind in der vorliegenden Ausgabe übrigens zum vorerst letzten Mal vertreten – wobei eine Wiederaufnahme durchaus im Bereich des Möglichen, wenn nicht gar Wahrscheinlichen liegt. Wir halten Sie informiert.