Ausgabe 469 - 11/2018
Mit Sicherheit
Ein Zuviel an Sicherheitsmaßnahmen kann ein Gefühl der Unsicherheit hervorrufen. Ein Paradox? Nun ja, ein starkes Sicherheitsaufgebot lässt vermuten, die mögliche Gefahr, vor der geschützt werden soll, sei eben sehr groß.Mir geht es jedenfalls so. Begegne ich in meinem Alltag besonders viel Polizei, denke ich: Es ist etwas Schreckliches passiert. Oder: In meiner Umgebung befinden sich skrupellose Verbrecher_innen. Und auch: Mach ich eh alles richtig? Bin ich ordnungsgemäß links abgebogen? Darf ich auf diesem Stück Rasen stehen? Welche Orte, welche Situationen, welche Personen als gefährlich angesehen werden, hängt nur teilweise mit dem tatsächlichen Gefahrenpotenzial zusammen. Mitunter werden schlimme Einzelfälle von einschlägigen Medien und bestimmten politischen Gruppierungen als Regelfälle dargestellt und Orte, an denen sich «sozial unerwünschte» Personen in größerer Zahl aufhalten, zu gefahrvollen «Hotspots» erklärt. Diese «Brennpunkte» tauchen in schöner Regelmäßigkeit dort und da in der Stadt auf und werden, nachdem das Feuer der Erregung (medial) ordentlich geschürt wurde, durch Verbote, Wegweisungen, Räumungen, bauliche Maßnahmen «entschärft». Karlsplatz, Sechshauser Straße, entlang der U6 … zuletzt ging’s heiß her in den Debatten um den Praterstern, wo entwickelt sich die nächste «Problemstelle»? Denn, liebe politisch und administrativ Verantwortliche, Menschen lösen sich nicht einfach in Luft auf, wenn man sie verscheucht. Im Interview mit Christof Mackinger (Seite 10) sagt der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl zu dieser Problematik: «Der ‹Hotspot› ist eine mediale Erfindung. Er ist der Versuch, die Phantasie eines reinen, sauberen, letztendlich kleinbürgerlich-konservativen Modells von Stadt durchzusetzen. Der öffentliche Raum gehört aber allen!»
Unser Cover verrät es: AUGUSTIN richtet seinen Fokus diesmal auf den Praterstern und stellt die Frage: Wie steht es in der Battle gepflegte Maß versus Billigsdorfer-Hülsn ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten des Alkoholverbots. Wobei die Abgrenzung zwischen Dosenbier-Konsument_innen und Maßkrug stemmenden Trinker_innen nicht so leicht zu ziehen ist, wie Christof Mackingers Reportage, zu der Lisbeth Kovačič wunderbare Praterstern-Zeichnungen beisteuerte, zu entnehmen ist (ab Seite 6). Ist übrigens der Verkehrsknotenpunkt in der Leopoldstadt jetzt sicherer? Für Personen, die, sagen wir, z. B. nachlässig gekleidet sind und die alkoholhältige Getränke mit sich führen (und sei es auch in einer geschlossenen Tasche), definitiv nicht. Sie laufen Gefahr, dass der Alk beschlagnahmt und weggeschüttet wird und sie selbst weggewiesen und sogar zu Geldstrafen verdonnert werden.
Mit Sicherheit wird der AUGUSTIN solche Praktiken niemals gutheißen und lädt in diesem Sinne jedermensch zum Genießen wärmender alkholfreier Getränke und Uhudler-Glühwein und Glühmost ab Ende November zur AUGUSTIN-Punschütte in der Rahlgasse – mehr dazu auf Seite 15.