Meine Wohngeschichte
Unzählige Umzüge und auch zeitweilige Obdachlosigkeit hat Hans Wurst schon hinter sich. Davon erzählte er in Augustin 427 und 428 und auch, warum seine derzeitige Wohnsituation als «Untermieter» in einer Gemeindewohnung illegal ist. Diesmal schreibt er über die Schwierigkeiten, zu einer eigenen Gemeindewohnung zu kommen:
Foto: Hans Wurst
Letztes Jahr lernte ich beim Häferlfest im 6. Bezirk den Bezirksvorsteher vom 6. kennen, ein sehr freundlicher Mann. Ich schilderte ihm meine Situation, und er meinte, dass die Parteien heutzutage keinen großen Einfluss darauf haben, wer jetzt eine Gemeindewohnung bekommt oder nicht. Ich kann mich erinnern, früher war das noch so: Warst du in der richtigen Partei, gab´s Wohnung und Job. Der Bezirksvorsteher half mir trotzdem. Er stellte den Kontakt zu einer Dame her, die Gebietsbetreuung macht, und sie war auch sehr freundlich und zuvorkommend mir gegenüber. Sie gab mir den Tipp, ich soll doch mit einem Sozialarbeiter zur Wohnungskommission gehen. Leichter gesagt als getan – find einmal einen Sozialarbeiter, der das mit dir macht. Ich dachte mir, geh zu aXXept*, das sind die Streetworker, die die Punks auf der Mariahilfer Straße betreuen. Ich habe denen mein Anliegen vorgetragen, und sie meinten, dass sie nur Anträge stellen, nicht zur Wohnungskommission gehen, und in meinem speziellen Fall zuvor darüber in der Teamsitzung sprechen müssen.
Warum ist es mir so wichtig, zur Wohnungskommission zu gehen? Laut der Dame von der Gebietsbetreuung ist es so: Wenn ich direkt hingehe, kann ich mir die Lage und die Bezirke aussuchen, in denen ich leben möchte, und genau das ist mein Wunsch.
Bei aXXept fragte mich die Sozialarbeiterin, ob ich was wegen der Wohnung weiter getan hätte. Ich hab versucht, ihr das zu erklären. Sie meinte daraufhin, ich kann doch mit ihrer Kollegin einen Termin für Montag in der Früh ausmachen, weil sie da ein paar Fragen an mich hätte. Z. B. wie ist das jetzt mit Augustin, wo ich meine Postadresse habe, denn ich darf nicht doppelt sozialbetreut werden, wenn sie mir mit einer Wohnung helfen soll. Ich habe eine Sozialarbeiterin, die ich vom Augustin her kenne, gefragt, bist du so nett und kommst du am Montag mit zu aXXept?
Streitpunkte
Am Montag um 9.30 traf ich mich dann mit beiden Sozialarbeiterinnen. Die Sozialarbeiterin vom aXXept war sehr freundlich. Sie sagte mir, was für Möglichkeiten ihre Einrichtung hätte. Jedoch müsste alles erst in einer Teamsitzung besprochen werden. Ein großer Streitpunkt war erstens, dass sie meinte, ich könne mir bei einer Sozialwohnung die Lage nicht aussuchen, und als die Sozialarbeiterin von Augustin meinte, dass sie das in dem Sozialbericht für den Wohnungsantrag erwähnen könnte, damit es eventuell berücksichtigt wird, stellte sie sich quer und meinte, das mache sie nicht. Der nächste Streitpunkt war, dass sie meinte, ich solle mir zirka 600 Euro oder ein wenig mehr sparen, weil Wiener Wohnen gerne 2 Monatsmieten Vorauszahlung hätte. Das ist das kleinere Problem, aber des Weiteren meinte sie, zudem kann es sein, dass ich eine Wohnung der Kategorie A, B oder C bekommen würde. Das heißt, wenn ich A bekomme, dürfte alles drinnen sein – Heizung, Dusche, Herd, bei B und C kann es sein, dass vielleicht nur der Estrich drin ist oder/und, dass keine Dusche, Heizung, Herd drinnen sind. Als ich das hörte, bin ich aus allen Wolken gefallen und dachte mir, wie kann man mit Menschen so umgehen? (Ich muss noch dazu sagen, dass die Mitarbeiterin von aXXept weder für das eine noch für das andere etwas dafür kann, es sind halt die Vorgaben so.) Und das Zweite, was ich mir dachte, war: Ich dachte, Glücksspiel sei verboten, aber Wiener Wohnen macht ja nichts anderes.
Was ich an der ganzen Geschichte nicht verstehen kann, oder will, ist: Erstens – warum darf sich ein Mensch, der in einer Notsituation ist, die Lage seiner Wohnung nicht aussuchen? Hat er kein Recht darauf? So nach dem Motto «Nimm und gusch, oder nimm nicht, und du kannst länger warten, weil du zurückgestuft wirst.»
Befehlsempfänger
Ich möchte jetzt nicht über aXXept schimpfen. Ich finde es schon in Ordnung, was sie tun, jedoch konnten sie mir in meiner Situation nicht helfen, weil sie halt auch nur an das gebunden sind, was für sie möglich ist, und weil sie Befehlsempfänger – so wie viele – in diesem System sind.
Zweitens – angenommen, ich bekomme ein Wohnung, wo ich keinen Fußboden, keine Dusche und keine Heizung habe – wie soll sich das ein Mensch leisten können, die Wohnung herzurichten. Wenn ich mir eine Dusche einbaue und Heizung, kostet mich das mehr als 2000 Euro, die ich sogar habe. Aber ich hab ja nicht nur Materialkosten, ich muss ja auch noch Handwerker bezahlen. Wer zahlt mir das? Ich kann’s mir nicht leisten.
Ich stell mir schon vor, wenn ich einen Boden legen muss, stell ich da mein Zeug auf den Gang raus, damit ich drinnen einen Boden legen kann?
Am Donnerstag war ich bei der MA 40, um meinen Antrag für die Mindestsicherung zu verlängern. Da hab ich versucht, mit meinem Sozialreferenten zu reden, dachte, dass das eh ein Sozialarbeiter ist. Denkste, ist nicht so. Also wieder ein weiteres Mal hinfahren, um mit einer anderen Person über meine Situation zu reden.
Ich habe 2 Ziele vor mir: Das eine heißt Vormerkschein, damit ich nicht in das Wohnungs-Roulette reinfalle, und das zweite heißt: weiterkämpfen für mein Anliegen, eine Wohnung zu bekommen, so wie ich mir eine vorstelle. Und das würde ich auch jedem raten, der in der gleichen Situation ist. Lasst euch von denen da oben nicht alles gefallen.
Ich meine, es ist eh schon heftig genug, dass Menschen gezwungen werden, in die Illegalität zu gehen, um das zu erreichen, was sie brauchen. Es könnte auch ganz anders gehen – es gibt genug Leerstand in dieser Stadt. Viele Häuser stehen ein paar Jahre leer, und außer den Spekulanten hat keiner einen Nutzen davon.
*aXXept: Kontaktstelle für wohnungslose junge Erwachsene – geführt von «wieder wohnen» (Tochterunternehmen des Fonds Soziales Wien)
Im Augustin Nr. 432, der am 15. März erscheint, lesen Sie den 4. und letzten Teil von Hans Wursts Wohngeschichte.