Zirkusfreundtun & lassen

Augustinverkäufer Alfred

In unserem Rückblick auf die Augustin-Jahrgänge sind wir bei 2009 angelangt. Es war das Jahr massiver Student_innen-Proteste – Stichwort «Uni brennt». Eines der Zentren war das Audimax der Uni Wien, wo diskutiert und basisdemokratische Entscheidungen getroffen wurden. Es wurde gestreikt, besetzt, kreativ gekämpft und informiert. Letzteres u. a. durch die Wochenzeitung der Audimaxist_innen namens «Morgen» mit dem Anspruch, «positiven Boulevardjournalismus» zu betreiben. Die erste österreichische Boulevardzeitung, i. e. Augustin, begleitete und unterstützte die Proteste medial – und (wir müssen es zugeben) profitierte auch finanziell ein wenig. Der Augustin-Verkäufer Alfred Amer verlegte seinen Rayon kurzfristig an die Alma Mater Rudolphina und machte einen Reibach.

Foto: Lisa Bolyos

Die Riki vom Vertrieb hat mich damals gefragt, ob ich Lust hätte, Augustins bei der Uni zu verkaufen, und ich hab gedacht: Ja, warum nicht? Und ich bin auch ganz gut dabei ausgestiegen, muss ich sagen. Das war aber nur ein paar Wochen lang. Sonst bin ich im 15. und 16. Bezirk unterwegs und mache Lokale. Die Kund_innen kennen mich schon alle und auch die Gastronomen. Sie sind sehr freundlich mir gegenüber. Beim Augustin bin ich seit fast 20 Jahren, nicht ganz vom Anfang an, aber bald nach der Gründung. Seit ich den Augustin verkaufe, habe ich lauter nette Leute kennengelernt, die alle höflich mir gegenüber sind, so wie ich höflich zu ihnen bin. Nur habe ich vorwiegend Kund_innen gehabt, die ältere Semester waren, und da sind viele weggestorben. Jetzt verkaufe ich auch beim Volkstheater, am Abend nach meiner Tour in den Lokalen. Ich steh dort ein paar Stunden und versuche, den Augustin an den Mann zu bringen oder an die Frau.

Von vielen Kund_innen habe ich schon gehört, sie möchten gern ein Sudoku drinnen haben. Das ist ja der Modetrend in den Zeitungen. Ich habe einen Kunden, der kauft den Augustin vorwiegend wegen dem Kreuzworträtsel. Also er liest ihn auch, aber mit dem kniffligen Rätsel hat er für ein paar Stunden eine Beschäftigung, und das taugt ihm.

In meiner Freizeit gehe ich liebend gern in den Zirkus. Ich bin Mitglied der «Gesellschaft der Circusfreunde». Das ist ein Club, wo wir gemeinsame Zirkusbesuche machen im In- und Ausland. Wir sind schon in Polen gewesen, in Frankreich, Deutschland, Ungarn, Slowakei, Tschechien … Ich bevorzuge den klassischen Zirkus, wie man ihn früher gehabt hat. Meine Mutter hat mich damals, als ich noch ein Kind war, immer in den Zirkus mitgenommen. Es hat ihr sehr gut gefallen, und es hat mir sehr gut gefallen. Eine Zeit lang habe ich auch selbst beim Zirkus gearbeitet. Ich war in der Reklame als Vorausreisender, also: Plakate kleben, Plätze ausmachen, Genehmigungen einreichen usw. Der Zirkus war in Österreich, Deutschland und der Schweiz unterwegs. Und jetzt bin ich halt nur mehr Zirkusfreund.