Chilip in Druk Yul
Marisa Kröpfl schreibt aus Druk Yul (Königreich Bhutan) von ihren Eindrücken als Chilip, wie Ausländer_innen im Land des Donnerdrachen genannt werden.
Foto: Namgay Tshering
Eine Arbeit im Entwicklungsbereich anstrebend, habe ich so meine Clichés von typischen «Expats»*, die ich leicht spöttisch, mit hochgezogenen Brauen, beäuge. Sie wissen schon, die, die mit variierend wenig Vorkenntnis in ein Land ziehen, schnell ihre kulturelle Integrität mit auffallenden traditionellen Ornamenten betonen und gleichzeitig europäische Produkte im Supermarkt kaufen und sich in einigen wenigen Cafés zusammenrotten.
Kaum zwei Wochen in Bhutan stelle ich mit Entsetzen fest, dass ich alle Punkte gnadenlos erfülle. Ich kam und verbleibe mit beschämend wenigen Kenntnissen zu Kultur und Gesellschaft (Yoga, hipper Indikator für Gentrifizierung in Wien, fällt in diesem Setting kaum positiv ins Gewicht). In einem schwachen Moment konnte ich dem wohltuenden Gedanken an frische Tomatensauce mit Basilikum und Oregano zu Pasta nicht widerstehen. Es brauchte kaum vier Tage, bis ich meine Kollegin um Unterstützung beim Kauf einer Kira (nationale Tracht für Frauen) bat. Und letzten Sonntag saß ich Espresso schlürfend im Ambient-Café, dem Expat-Treff Thimphus, und tratschte mit einer amerikanischen Volontärin und ihrer australischen Kollegin.
Unwillkürlich versuche ich zu relativieren: Mittags essen wir Kolleg_innen stets gemeinsam und gut bhutanisch. Ich bin neugierig und lerne viel von den Kolleg_innen, die mir offen von Land und Gesellschaft erzählen (oft am besagten Mittagstisch). Das Tragen von Tracht ist hier Norm und letztlich auch pragmatisch um den teilweise strikten Kleidervorschriften gerecht zu werden. Ich bin neu hier und kenne kaum Lokale.
Letztlich kann ich aber nicht umdeuten, was ich an mir selbst beobachte. Und alles hängt sich daran auf, dass ich mich in das Abenteuer Bhutan stürzte, ohne Kontaktpunkte zum Land zu haben, Geschichtsbücher zu wälzen oder buddhistische Mantras zu rezitieren. Die Unkenntnis isoliert, erschwert den Zugang. Dafür finden Beobachtungen und Begegnungen keinen vorgefertigten Rahmen und so muss und kann ich sie unsortiert auf mich wirken lassen.
Verdikt: Ich bin mein eigenes Un-Bild einer Expat. Expat werde ich in Bhutan auch bleiben, nur die Ignoranz kann sich lindern, Tag für Tag. Bleibt mir also noch, die Augenbrauen vorm eigenen Spiegelbild zu senken und Bhutan und seinen Leuten langsam und bescheiden zu begegnen, bis sich mir Banalitäten und Besonderheiten zeigen.
*«Expats» – nicht zu verwechseln mit «Expert», als die sie aber oft gelten – bezeichnet Arbeitsmigrant_innen, die in der Regel aus «dem Westen» kommen. Das ist wohl auch schon Grund für das Privileg, den üblichen Stigmata, die Migrant_innen anhängen, schon im Namen zu entgehen.