Über die schnelllebige Welt des Fußballs
Er war Nationalspieler, nun kickt er beim SC Wiener Viktoria: Thomas Prager. Im Gespräch mit Wenzel Müller (Text und Fotos) lässt der Blondschopf und Mittelfeldspieler seine Karriere Revue passieren.Herr Prager, die letzten drei Jahre waren Sie in Zypern, haben dort bei Enosis Neon Paralimni gespielt, nun sind Sie zurück, in Ihrer Heimatstadt, beim SC Wiener Viktoria. Eine große Umstellung?
Eigentlich nicht. Ich bin ja jetzt wieder bei dem Verein, bei dem ich schon vor Zypern war. Andererseits: Hier spiele ich in der Wiener Liga, in Zypern spielte ich in der Ersten Klasse. Hier ist Kunstrasen, in Zypern gibt es keinen einzigen Platz mit Kunstrasen.
Wie haben Sie in Zypern gewohnt, wie wohnen Sie jetzt in Wien?
In Zypern ist das Leben sehr viel günstiger als hier. Da kann man ein Haus mit Swimmingpool für 500 Euro mieten. Und das habe ich gemacht. Ein Haus mit drei Schlafzimmern. Wir haben zwei Kinder, und meine Schwiegereltern kamen oft zu Besuch – für alle war Platz. In Wien haben wir jetzt eine Wohnung in der Nähe des neuen Rapid-Stadions. Meine Tochter, nun fünf Jahre alt, ist in Zypern in einen englischsprachigen Kindergarten gegangen, sie spricht besser Englisch als ihre Eltern. Und mein Sohn ist überhaupt in Zypern auf die Welt gekommen.
Blicken wir zurück, zu Ihren Anfängen: Wann war für Sie klar, dass Sie mit Fußball Geld verdienen wollen?
Wenn man klein ist, sechs, sieben Jahre alt, und gerne Fußball spielt und auch gerne Fußballspiele im Fernsehen anschaut, kommt schnell der Wunsch auf, später selbst einmal Profi zu werden. Bei mir war es so, dass ich es schon als Jugendlicher in die Kampfmannschaft von Stadlau geschafft hatte.
Da waren Sie bestimmt der Jüngste.
Ja, 15 war ich. Ich erinnere mich, dass ich ein ärztliches Attest brauchte, um mit den Erwachsenen spielen zu können. Entdeckt wurde ich bei einem der traditionellen Hallenturniere im Ferry-Dusika-Stadion. Ein Spielerberater sprach mich an, ob ich nicht in das Nachwuchszentrum vom SC Heerenveen in Holland wechseln wolle. Wollte ich natürlich. Mit 15 Jahren ging ich von Stadlau zu einem Verein in Hollands erster Liga. Für mich ein Riesenschritt.
Was sagten Ihre Eltern dazu?
Mein Vater fand das gut, meine Mutter war nicht gerade begeistert. In Heerenveen kam ich bei einer Gastfamilie unter. Eine sehr nette Familie, mit der ich noch heute Kontakt habe.
Wie lange brauchten Sie, bis Sie die holländische Sprache beherrschten?
Nach etwa einem halben Jahr konnte ich alles verstehen. Mit dem Sprechen hat es ein bisschen länger gedauert. Am Morgen hatten wir immer Training, dann gemeinsames Mittagessen und am Nachmittag zwei- bis dreimal in der Woche Sprachunterricht. In dem Nachwuchszentrum war ich der einzige Österreicher, unter vielen Skandinaviern. Mit 16 bekam ich einen Profivertrag. Und war von da an finanziell nicht mehr von meinen Eltern abhängig.
LASK, FC Luzern, Rapid Wien – das waren Ihre nächsten Stationen.
Schon früh lernte ich: Im Fußball kann alles sehr schnell gehen. Du bist, wie es in Heerenveen der Fall war, auf dem Sprung in die erste Mannschaft – dann wirft dich eine schwere Verletzung zurück. Dann kommt noch ein neuer Trainer, der seine eigenen Spieler mitbringt und dir nahegelegt, den Verein zu wechseln, da er mit dir nicht plant. In Linz lief es sportlich gut, aber der Verein geriet in große finanzielle Schwierigkeiten. Dass Spieler und Trainer auch absolut nicht miteinander können, das erlebte ich beim FC Luzern. Ich hatte einen sehr guten Vertrag über drei Jahre – aber was nutzte mir das, wenn ich nicht spielte? Und ich wollte spielen. Also wechselte ich zu Rapid Wien, womit ein Traum für mich in Erfüllung ging. Anfangs lief es dort gut, zum Schluss aber nicht mehr, das letzte halbe Jahr kam ich gar nicht mehr zum Einsatz.
So empfiehlt man sich nicht gerade für einen neuen Verein. Wie kommt man überhaupt zu seinen Engagements?
Das läuft alles über deinen Berater – ein Spieler ruft nicht bei einem Klub an und fragt, ob nicht Interesse besteht. Ich hatte damals unter anderem das Angebot von einem Verein in Tschechien. Ich fuhr hin – aber irgendwie fühlte ich mich dort nicht wohl. Und ich wusste: Wenn es vom Gefühl nicht passt, werde ich auch meine sportliche Leistung nicht bringen können. Und so bin ich damals in Wien geblieben, wechselte in die Regionalliga, zur Wiener Viktoria. Dort, sagte ich mir, kann ich mich wenigstens fit halten und Matchpraxis sammeln. Und dann kam tatsächlich noch dieses Angebot aus Zypern.
Nun sind Sie also wieder bei der Viktoria, bei einem Verein, der durch sein soziales Engagement auffällt – im Winter stellt er seine Kabinen als Schlafunterkunft für Obdachlose zur Verfügung. Wie finden Sie das?
Ich finde das vorbildhaft. Was kann es Schöneres geben, als anderen Menschen zu helfen, mit einem Schlafplatz oder einem warmen Essen?
Wie unterscheidet sich das Training in der Wiener Liga von dem einer Profi-Mannschaft?
Der wesentliche Unterschied ist, dass hier am Abend trainiert wird und bei den Profis am Tag. Meine Frau arbeitet – und so bin ich jetzt auch Hausmann. Ich bringe meine Kinder zum Kindergarten und hole sie wieder ab.
Sie sind nun 32. Wie geht es bei Ihnen weiter, wenn Sie Ihre Karriere als Fußballer beenden?
Das weiß ich selbst noch nicht. Vielleicht mache ich eine Trainerausbildung. Erst einmal muss ich beim Bundesheer einrücken.
Hatten Sie wegen der ungewissen Zukunft nicht schon in Zypern die eine oder andere schlaflose Nacht?
Nein, dazu war das Leben dort viel zu schön. Ich konnte dort arbeiten, wohin andere zum Urlaubmachen hinfahren.