Zwei Berger und eine MonsterfrauArtistin

Donaustädter Kulturfestival eröffnet mutig

Ein echter wiener will halt hint sein, / und nur mit vorbehalt die welt verstehn» heißt es im Refrain vom «wienerlied für sehenden bariton und blinden bass» aus der Feder Joe Bergers.

Obwohl in Kaltenleutgeben geboren und zum Chemiker ausgebildet, zählte Berger (1939 1991) über Jahrzehnte hinweg zu den originellsten Vertreter_innen der Wiener Literaturszene, wobei Wolfgang Bauer einschränkend festhält, dass Berger der bedeutendste nicht schreibende Literat sei, den er kenne, wenn man eben Literatur nicht bloß als ein manuell schreibendes, druckendes Denken oder gar als ein aus Angst vor der Unfähigkeit zur Philosophie gewachsenes eitles pseudokünstlerisches Handwerk definiere. Selbstredend, dass einem Künstler, der Titel wie «Literarische Kraftnahrung» oder «Plädoyer für den Alkohol» veröffentlichte, eine größere Aufmerksamkeit verwehrt blieb. Da halfen auch Auftritte als Schauspieler in Quotenhits wie «Tatort» oder «Ein echter Wiener geht nicht unter» herzlich wenig. Umso erfreulicher, dass das Donaustädter Kulturfestival «Auf zu neuen Ufern» mit Texten dieses Underdogs eröffnet wird. Die «Märchen der Satten und Irren» des Joe Berger wird ein anderer Berger lesen, u. z. der Schauspieler Helmut Berger. Nicht nur wegen der Namensvetternschaft eine hervorragende Besetzung!
Auch der zweite Programmteil des Eröffnungsabends verspricht eine künstlerische Kraftnahrung, wenn die «Monsterfrau», die Diva der «Underground Opera», erwartungsgemäß mit riesigem Phallus die Bühne betreten wird. Für diese Electro-Noise-Trash-Oper entwickelte die Performerin Lena Wicke-Aengenheyster (u. a. Engagement beim theatercombinat) ein Mischwesen aus heroischen Figuren der Mythologie, das es unter den Beats von Sascha Neudeck und den Visuals von Susanne Schuda in der Volkshochschule Donaustadt ordentlich krachen lassen wird.

«Auf zu neuen Ufern II»Eröffnung am 2. September um 19 UhrVHS DonaustadtBernoullistraße 1, 1220 WienFreier Eintritt