Zwischen den Medientun & lassen

Augustinerin Hanne Römer

Ich schreibe und zeichne und arbeite zwischen den Medien. Seit 2002 bin ich selbstständig als Künstlerin, dabei immer mehr als Autorin. Der Name, unter dem ich meine Arbeiten veröffentliche – .aufzeichnensysteme – entstand, weil es mir zu eng war zu sagen: Ich arbeite bildnerisch, ich arbeite textlich. Ich wollte mit einem Wort verbinden, dass «aufzeichnen» sowohl schreiben als auch zeichnen als auch akustisch aufnehmen bedeutet, auch der Mensch selbst ist ein Aufzeichnensystem. Es hat sich als einzelnes Wort am besten angefühlt.
Ich bin seit 2000 in Wien. Aufgewachsen bin ich in Deutschland in vielen Städten – Frankfurt, Duisburg, Hamburg. Ich hatte nachgeforscht, dass ich wohl eine Urgroßmutter hatte, die in Wien lebte. Durch diese Familiengeschichte hat mich mit Wien immer etwas verbunden, und dadurch bin ich hierher geraten. Aber es geht bei mir zwischen Deutschland und Österreich hin und her. Doch ich denke, dass ich in Wien meine wahre künstlerische Identität gefunden habe und auch mein Zuhause. Im Zweiten. Die Nähe zur Donauinsel ist für mich wichtig. Ich bin einer Tierart verbunden, das sind die Biber. Die waren ausgestorben hier, ich habe ziemlich früh angefangen, sie und ihre Bautätigkeit zu beobachten. Der Zweite ist ja ein sehr komplexer Bezirk. Eigentlich ist das hier die hintere schlimme Ecke der Leopoldstadt. Ich beobachte sehr stark meine Umgebung und bin sehr mit ihr verbunden. Das geht bis in meinen Innenhof. Da wurden in den letzten zwei Jahren zwei Häuser weggerissen und der Schornstein, auf den ich immer blickte, ist plötzlich nicht mehr da, weil das ganze Haus verschwand. In der Nordbahngegend und bei der Trabrennbahn wurde irrsinnig viel gebaut. Heute habe ich festgestellt, dass den Wohnhäusern, die schon immer da waren, Eigentumswohnungen vor die Nase geklatscht werden. Reich setzt sich vor Arm und nimmt ihnen die Sicht. Gerade solche Wohnungen, wie die, in der ich wohne, müssten unter Denkmalschutz gestellt werden. Eine typische Wiener Arbeiterwohnung: Klo am Gang, man kommt rein – Küche, Zimmer.
Als die Anfrage vom Augustin kam, ob ich regelmäßig eine Grafik im dichter innenteil veröffentlichen möchte, war ich total erfreut. Damals war ich gerade in Augustusburg, einer sächsischen Kleinstadt, mitten im Lockdown, es war trüb und das Mail vom Augustin ein Lichtblick. Unterschiedliche Zeitungsformate habe ich immer schon interessant gefunden, vor allem solche, die auf der Straße verkauft werden. Wo ich war, habe ich immer die Straßenzeitungen gekauft, in Hamburg Hinz & Kunzt oder fiftyfifty in Frankfurt. 

Protokoll: Jenny Legenstein
Foto: Jana Madzigon

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