Zwischen Kolportage und DrehterminHeroes

Als erstes spielte Francis Okpata das "arme und hungrige Volk"

Das hier bin ich bei den Dreharbeiten zu „Afrika mon amour“ – und hier mit Lilian Klebow vom „SoKo Donau“ – und das ist meine Szene in der „Medea“ am Burgtheater. Francis präsentiert seine Fotos. Moment, das hier sollte doch das Portrait eines Augustin-Verkäufers werden!?Ist es auch. Francis Okpata kam im Jahr 2004 aus Nigeria nach Wien. Die erste Methode, mit der er sich über Wasser halten konnte, war der Augustin-Verkauf. Auch heute noch bietet er bei der Station Handelskai die Straßenzeitung an. Wenn es seine Zeit erlaubt. Denn seit seiner Ankunft hier ist viel passiert.

Schon als Kind hatte er den Traum, ein Star zu werden, erzählt Francis. Und er bewies Hartnäckigkeit. Das nigerianische Schulsystem bietet den Kindern verschiedene Neigungsgruppen an, und Francis war immer im Bereich Schauspiel und Tanz zu finden. „Es gab auch Wettbewerbe zwischen den Schulen“, erinnert er sich, „und weil Frankreich daran interessiert war, die französische Sprache in Nigeria zu etablieren, wurde für den Wettbewerbs-Sieger auch schon mal eine Reise nach Frankreich ausgeschrieben. Meine Schule hat sogar zweimal gewonnen. Aber nach Frankreich gefahren sind nur die Größeren. Ich war damals leider noch zu klein.“

Kein Wunder also, dass Francis auch in Wien Anschluss an eine Theatergruppe suchte. Bei der Gruppe „Twin Vision“  im Sinne Boals (Theater der Unterdrückten) auftretend  konnte er Fuß fassen; und was unbezahlt begonnen hatte, wurde nach den ersten Aufführungen sowohl vom Staat als auch vom Publikum honoriert.

Aber Francis suchte seine Chance nicht nur beim Theater: Er sprach auch bei Film-Agenturen vor. Und kam schrittweise ins Geschäft. Unter anderem spielte er in dem Film „Vier im Jeep (Im Reich der Reblaus)“ einen Amerikaner und wirkte in der „Sendung ohne Namen“ ebenso mit wie in „Dorfers Donnerstalk“.

Von einem ganz besonderen Job gibt es leider keine Fotos: Als im vorigen Jahr Popstar Robbie Williams für ein paar Tage nach Wien kam, wurde hier unter anderem der Videoclip zu „Lovelight“ gedreht. Francis war als Tänzer dabei. „Lovelight“ war für den MTV Award nominiert, lächelt er, „aber leider hat Justin Timberlake gewonnen.“

2006 war überhaupt sein Jahr. Francis war beim kürzlich ausgestrahlten TV-Dreiteiler „Afrika mon amour“ dabei; er spielte einen Polizeibeamten. Außerdem wirkte er in einer Folge der neuen „SoKo Donau“-Staffel  einen Touristen darstellend mit, Sendetermin ist noch in diesem Jahr.

Derzeit dreht Francis über Actors & Company im Rahmen der „Kampagne gegen Rassismus“ an einem Spot zum Thema. Unentgeltlich, denn die Arbeit gegen Rassismus ist ihm ein Anliegen. „Wir sollten immer im Hinterkopf haben, dass nicht alle Männer in Polizeiuniformen Rassisten sind. Und nicht alle Afrikaner sind Drogenhändler“, meint er und setzt fort: „Let’s be wise in thinking and acting!“

Außerdem schlüpft Francis gerade in die Rolle des von der österreichischen Polizei gefolterten Bakary J. Eine befreundete Studentin der Theaterwissenschaften hat dieses Filmprojekt initiiert. Und er ist bei „Radio and TV Africa“ mit dabei, wo er Radiosendungen mitgestaltet und als Kameramann werkt.

Bühnendienstvertrag beim Burgtheater


Nicht, dass Francis wegen der Filmerei das Theater vernachlässigen würde. Schon im Jahr 2004 kam er als Komparse ans Burgtheater und begann mit Gerhart Hauptmanns Drama „Vor Sonnenaufgang“. „Ich habe das arme und hungrige Volk gespielt.“

Das Stück blieb zwei Jahre auf dem Spielplan, und zwischendurch gab es an der Burg immer wieder neue Aufgaben für Francis. Für Grzegorz Jarzynas Inszenierung der „Medea“ wurde er unter vielen als Komparse ausgesucht. Und erhielt im Zuge dieser Arbeit seinen ersten „richtigen“ Komparsenvertrag. Mittlerweile hat Francis beim Burgtheater einen Bühnendienstvertrag unterschrieben, befristet bis Ende August 2007.

Für die Zeit danach wurde ihm von der Burg bereits eine Verlängerung in Aussicht gestellt; um den Antrag auf Arbeitsgenehmigung kümmert sich die Bundestheaterverwaltung. Francis ist somit nach ASVG versichert, mit E-Card und allem Drum und Dran. Gleich neben der E-Card steckt übrigens seine Jahreskarte der Wiener Linien. „Einmal bin ich schwarzgefahren, da haben sie mich erwischt“, verzieht er das Gesicht, “

„und irgendwann stand plötzlich das Inkassobüro vor der Tür und wollte einige hundert Euro. Puh, damals bin ich sofort gegangen und habe mir die Karte besorgt.“

Kein Problem, wenn man in relativ sicheren Verhältnissen lebt. Wieso hat für Francis alles so gut funktioniert? „Ich habe schon in meiner Kindheit erkannt, dass ich ein Komödiant bin und ich mich auf der Bühne sehr wohl fühle  und ich habe immer hart dafür gearbeitet, meinen Traum zu verwirklichen. Du musst beharrlich sein. Wenn du etwas wirklich willst, musst du immer wieder hingehen und nachfragen. Und irgendwann klappt es dann.2

Egusi-Suppe mit Yamsbrei

Von seiner Arbeit am Burgtheater könnte Francis seinen Lebensunterhalt bestreiten. Mit dem Augustin-Verkauf hört er trotzdem nicht auf. „Hier kann ich Menschen beobachten, mit ihnen plaudern. Mit Menschen aller Klassen, freundlichen und weniger freundlichen. Das Verkaufen macht mir Freude!“

Derzeit will Francis Okpata in Österreich bleiben. Er trägt noch viel in sich, das er hier geben will, meint er. „Es ist wichtig, Leute zu treffen und ins Gespräch zu kommen. Ich versuche viele unterschiedliche Sachen zu machen.“ Unter anderem auch die deutsche Sprache zu erlernen – er belegt seit drei Jahren Kurse – oder in der Küche zu stehen: Francis hat zum neuesten Kochbuch des Projekts „Grenzenlos kochen in St. Andrä-Wördern“ sein Lieblingsrezept beigesteuert: Egusi-Suppe mit Yamsbrei.

Auf zukünftige Projekte angesprochen, hält Francis sich bedeckt; es gibt ein Top-secret-Projekt, über das er noch nicht sprechen möchte, aber: „Wenn ich bei diesem Projekt bekommen habe, was ich gerne möchte, dann komme ich auf deine Frage zurück!“

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