Zwischenwelt am Rande Wienstun & lassen

"Macondo": Innenministerium schloss das beliebte Gelbe Haus

Macondo.jpgEin gelber Zaun grenzt an den Kundenparkplatz der Metro. Hinter dieser Blechwand, am Rande von Wien, leben rund 3.000 Flüchtlinge alle mit einem positiven Asylbescheid. Vertriebene haben hier Zeit zum Ankommen. Bald könnte das bereits geschlossene Kardinal-König-Integrationshaus einem Abschiebungszentrum weichen.

Das Flüchtlingsheim Zinnergasse wird von seinen BewohnerInnen in Anlehnung an den Roman «Hundert Jahre Einsamkeit» von García Marquez «Macondo» genannt. Abgelegen ist das Areal hinter den Kasernenmauern am Rande von Wien tatsächlich. Das Kardinal-König-Integrationshaus auf dem Gelände des Macondo, von den BewohnerInnen «Gelbes Haus» genannt, bildete bis Ende September für viele Neuankömmlinge mit positivem Asylbescheid einen Ort der Sicherheit. Hier konnten sie ein Jahr in einer kleinen Wohnung mit geringer Miete leben. Die rund 240 BewohnerInnen des Integrationshauses verpflichteten sich, in dieser Zeitspanne einen sechsmonatigen Deutschkurs zu absolvieren, einen Job zu suchen und eine neue Wohnung finden.

Dieses Konzept der Integration wird nun nach elf Jahren des Aufbaus vom staatlichen, eng an das Innenministerium angekoppelten Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) verworfen. Statt «Wohn-Integration» lautet das neue Rezept des ÖIF «mobile sprachliche und berufliche Integration», um mehr Menschen zu erreichen. Im Widerspruch zu dieser angekündigten Ausweitung des Angebotes auf eine größere Gruppe betont der ÖIF, dass er nicht alle BewohnerInnen der Siedlung Macondo betreuen werde, sondern lediglich die 240 Personen.

Den BewohnerInnen des Integrationshauses standen bis Ende September SozialarbeiterInnen bei der Wohnungs- und Jobsuche zur Seite. Die ehemalige Leiterin des Integrationshauses, Philippa Wotke, erzählt, dass die SozialarbeiterInnen durch die Vollzeitanstellung auch für andere ortsansässige BewohnerInnen zu wichtigen Bezugspersonen geworden waren. Im Rahmen der mobilen Betreuung werden die Integrationsbetreuer des ÖIF die KlientInnenen ab Oktober nur mehr stundenweise in ihrem Wohnumfeld aufsuchen. Zusätzliche Beratung können sich die Flüchtlinge in der eine dreiviertel Stunde entfernten Zentrale des ÖIF holen. «Die laufenden Deutschkurse werden an verkehrsgünstigen Standorten in ganz Wien weitergeführt», heißt es seitens des ÖIF.

Ein Rest der «56er»-UngarInnen

Die neuen Wohnanlagen neben dem Kardinal-König-Integrationshaus, die neue Bleibe der ehemaligen BewohnerInnen des Integrationshauses, wirken wie ein lebhaftes Studentenwohnheim. «Diese Startwohnungen sind auf eine längerfristige Wohnversorgung ausgelegt», erklärt Elena Kalogeropoulos, stellvertretende Geschäftsführerin des ÖIF. Das Integrationshaus steht hingegen leer. Kalogeropoulos betont, dass die Schließung des Integrationshauses eine Entscheidung des ÖIF gewesen sei. Die Nachfrage nach organisiertem Wohnen sei seitens der Klienten stark gesunken. Immer mehr Wohnungen sollen im Integrationshaus leer gestanden sein. Der Großteil ziehe statt einer Übergangslösung dauerhaftere Wohnverhältnisse vor.

Das Kardinal-König-Haus wird mit Ende September 2009 dem Innenministerium rückgestellt. In der Folge ist die Sanierung des Gebäudes vorgesehen, die bis zum Jahresende abgeschlossen sein soll. Laut Innenministerium ist die weitere Verwendung des Objektes noch nicht entschieden. Es steht eine Einrichtung des Objektes als so genanntes «gelinderes Mittel», das heißt für die Unterbringung von Familien, Frauen, Kindern, die vor der Abschiebung stehen, aber nicht in Schubhaft genommen werden dürfen, zur Diskussion. «Das würde bedeuten, dass man die Abgeschobenen genau dort hinsetzte, wo Menschen mit einem positiven Asylbescheid leben», gibt Wotke zu bedenken.

Spaziert man durch das Areal des Flüchtlingsheims kommt die Frage auf, warum das Gelände und vor allem die kleinen Gärten großteils ungepflegt sind. Auch hierfür gibt es eine Antwort: Die Bundesimmobiliengesellschaft widmete die Grünfläche vor zwei Jahren in Kleingartenflächen um. Die BewohnerInnen von Macondo könnten die Gärten nun pachten, was sie sich aber nicht leisten können.

Es gibt jedoch Lichtblicke, dass auf das Flüchtlingsdorf am Rande der Stadt nicht völlig vergessen wird. Die MA 17 bietet ab Oktober in den Räumlichkeiten des Kinderfreunde Kindergartens «Mama lernt Deutsch»-Kurse an und hofft, dass sich der ÖIF an den Kurskosten beteiligen wird. Die Künstlergruppe Cabula 6 hat ein Jahr lang mit den BewohnerInnen Aktivitäten umgesetzt, um die sozialen Beziehungen zu stärken und den Umgang mit Konflikten zu verbessern. Gemeinsam soll nun ein Gemeinschaftsgarten errichtet werden.

Macondo bietet seit 53 Jahren Quartier für Menschen aus derzeit 22 Nationen. 1956 kamen die Ersten: 3.000 Flüchtlinge, die nach dem Ungarnaufstand vor den sowjetischen Truppen nach Österreich geflohen waren. Die 200 verbliebenen UngarInnen gehören wie die Gruppe der ChilenInnen und der VietnamesInnen zu den Alteingesessenen des Flüchtlingsheims. Sie haben im Gegensatz zu den BewohnerInnen der angrenzenden Startwohnungen, die maximal fünf Jahre dort wohnen dürfen, ein dauerhaftes Bleiberecht. Das verschärft bestehende Spannungen.

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