Superman im WiderstandArtistin

Eine offene Begegnung mit dem Medium Zeichnung im Kunstraum Niederösterreich

Ein «Wachsender Widerstand» mit leider konkretem Ablaufdatum (17. März 2012) hat sich im Palais Niederösterreich formiert. Keine Sorge, Landeshauptmann Pröll sitzt noch fest im Sattel und braucht auch nicht Angst davor zu haben, dass von Wien ausgehend die neuen Empörten eine Revolution in Niederösterreich anzetteln werden nicht einmal die Künstler_innen, die zur Zeit den Kunstraum im Palais bespielen. Auch wenn somit kein Widerstandscamp im Palais Niederösterreich anzutreffen ist, sei der Besuch der aktuellen Ausstellung im dort eingebetteten Kunstraum empfohlen.

Das Medium Zeichnung bildet in diesem Haus den thematischen Programmschwerpunkt im heurigen Jahr, und mit der Auftaktausstellung «Nicht nur ein Bild, sondern eine ganze Welt» ist ein mehr als gelungenes erstes Kapitel aufgeschlagen worden, und zwar von der Kuratorin Julia Kläring selbst Künstlerin und Lehrende: Sie unterrichtet an der Akademie der bildenden Künste nichts Geringeres als Comics zeichnen.

Man darf aber jetzt nicht im engeren Sinne Comics oder Graphic Novels in der Ausstellung erwarten. Es nehmen zwar der Titel der Ausstellung und die grundsätzlichen Überlegungen der kuratorischen Arbeit Bezug auf die Grafische Erzählung «Die Zeichnung» von Marc-Antoine Mathieu, doch die Arbeiten selbst gehen weit darüber hinaus auch in Richtung Multimediamix. Beispielsweise thematisiert Nils Olger die sukzessive Erblindung seines Großvaters in einem gekonnt auf dessen Hände und dessen Tast- und Hörsinn reduzierten Video. Auch die beiden Künstlerinnen Elffriede und Bella Angora begnügen sich nicht mit dem Papier als Trägermedium und entwickeln ausgehend von ihren Zeichnungen Video- und Audioformate.

So überrascht es dann doch ein wenig, einen Comic-Klassiker in der Schau anzutreffen, nämlich «Superman». Aber nicht den Helden selbst, sondern die in den Heften vorzufindenden Onomatopoetika wie beispielsweise «KRKL-BOOM». Jochen Höller schnipselte Ausdrücke dieser Art aus und klebte sie in Reih und Glied für die Arbeit «(Geräuschkulisse) Superman Chaos im Weltall I» auf. Es macht nicht nur großen Spaß, diese Nonsenszeilen zu lesen, sondern die Betrachtung allein kann schon leicht flashige Zustände hervorrufen kawumm!

Auf fein geordnete Dekonstruktion setzt auch Sophie Dvoák, jedoch hört sich bei ihren Arbeiten der Spaß schnell auf. Ausgehend von massenmedialen Bildern gestaltete sie die Arbeit «Archiv», woraus drei Schautafeln für die Schau entnommen worden sind. Die erste Tafel zeigt eine Serie von meist händeschüttelnden Politikern (sic!), auf der zweiten Demonstrierende und schließlich auf der dritten wie Personen festgenommen werden. Trotz des repetetiven Charakters der Aneinanderreihung vieler Einzelszenen tritt beim Betrachten kein Gefühl der Abstumpfung ein, vielmehr das Gegenteil: Auch wenn es ein vereinfachender Brückenschlag ist, vermitteln die drei Schautafeln «Agree», «Demonstrate» und «Arrest» sehr wohl, was Politik bedeuten kann nämlich eine existentielle Bedrohung für Menschen, die sich aktiv gegen eine herrschende Politik stemmen. Da kann Iris Christine Aues Arbeit «Wachsender Widerstand» nur noch schwachen Trost bieten. Aue fertigte aus Papier und Nähseide Pflanzen, die als Unkraut gelten, wie Löwenzahn oder Breitwegerich, und setzte sie in die Ecken und Bodenkanten des Kunstraum Niederösterreich. So poetisch kann Widerstand sein.

Bis 17. März

Di.Fr.: 1119 Uhr, Sa., 1115 Uhr

Eintritt frei

www.kunstraum.net