Der Verein JUNO verwirklicht Wohnprojekte für Getrennt- und Alleinerziehende. Was deren Bedürfnisse und Herausforderungen beim Thema Wohnen sind, erläutert JUNO-Leiterin Sarah Zeller. Interview: Ruth Weismann, Illustration: Much
In Österreich gehören 13,4 % der Familien mit Kindern unter 15 Jahren zu den alleinerziehenden Familienformen, wie das Österreichische Institut für Familienforschung 2018 erhob. Der Verein JUNO, Zentrum für Getrennt- und Alleinerziehende, hat 2015 im Auftrag der MA 50 eine Studie über die Wohnsituation von Alleinerziehenden in Wien erstellt. Rund 45 % der Befragten haben kein eigenes Schlafzimmer, 14,5 % können es sich nicht leisten, ihre Wohnung ausreichend zu heizen. Was braucht es, um die Situation zu verbessern?
Frau Zeller, JUNO betreibt seit 2016 Wohnprojekte für Getrennt- und Alleinerziehende in Wien.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Der Ursprung war, dass ich als Alleinerziehende gemeinsam mit einer alleinerziehenden Freundin eine WG gründen wollte. Ich habe damals studiert, meine Freundin war arbeitslos. Bei der Wohnungssuche wurde uns schnell klar, dass uns ohne Einkommenszettel niemand am privaten Wohnungsmarkt eine Wohnung geben würde. Und die Grundrisse haben meist auch nicht gepasst. Durch einen Bekannten sind wir zum ersten Wohnprojekt gekommen, wo wir Wohngemeinschaften für Alleinerziehende planen konnten. Beim nächsten Projekt haben wir Einzelwohnungen geplant. Da die Nachfrage bei den Alleinerziehenden so groß war, und auch viele Bauträger Interesse zeigten, wurde es zum Selbstläufer. Fünf sind bereits realisiert, weitere sind in Planung.
Was haben diese Wohnungen, was andere nicht haben?
Zum einen geht es um den Grundriss. Manches funktioniert für Alleineerziehende gar nicht, zum Beispiel große Wohnungen mit einem oder zwei Zimmern. Wir schauen, dass wir möglichst viele Zimmer kompakt unterbringen. In einer kompakten Drei-Zimmer-Wohnung mit Schlafzimmer und Wohnküche hat jeder einen Schlafraum. Ein weiteres Kriterium ist, dass jedes Zimmer potenziell als Schlafzimmer funktioniert, auch die Wohnküche. Wir planen gleich ein, dass man noch eine Ecke abtrennen kann, wenn in einer Drei-Zimmer-Wohnung ein Erwachsener mit zwei Kindern wohnt. Wenn man bei der Planung mitbedenkt, dass man eine Wand einziehen kann und trotzdem noch Tageslicht hat, funktioniert das gut. Ein weiteres Kriterium ist, möglichst kein Durchgangszimmer zu haben, damit jeder Raum als Schlafzimmer benutzt werden kann.
Zum anderen ist das Gemeinschaftliche wichtig, die Häuser haben Gemeinschaftsräume, einen Spielraum und bieten die Möglichkeit zur gegenseitigen Vernetzung mit anderen Alleinerziehenden. Und natürlich ist das Finanzielle wichtig.
Wie viele Wohnungen pro Bauprojekt entwickeln Sie?
Wir bekommen vom Bauträger ein fixes Kontingent, unterschiedlich hoch, bis zu einem Viertel der Gesamtzahl. Die Wohnungen sind für uns reserviert, wir planen sie mit, wir vergeben sie. Das ermöglicht uns, dass wir auch kurzfristig vergeben und man sich nicht schon Jahre vorher anmelden muss.
Wie werden die Projekte finanziert und wie viel kostest es dann für die Mieter_innen?
Einerseits sollen die Alleinerziehenden bei uns Vereinsmitglieder werden, das kostet ab 60 Euro im Jahr, je nach Einkommen. Das ermöglicht uns, dauerhafte Ansprechpartner nach der Besiedelung zu sein. Wir wollen sie dabei unterstützen, sich miteinander zu vernetzen und Unterstützungsstrukturen aufzubauen. Wir werden auch von Bauträgern als Beraterinnen bezahlt, aber das ist nicht kostendeckend, darum ist der Verein bzw. sind die Wohnprojekte auf Spenden angewiesen. Für die Alleinerziehenden versuchen wir, möglichst viele SMART-Wohnungen von den Bauträgern zu bekommen. Das sind Genossenschaftswohnungen, wo die Stadt so viel Geld mitzahlt, dass sie sehr günstig sind. Der Quadratmeterpreis ist auf 7,50 Euro gedeckelt, die Eigenmittel auf 60 Euro pro Quadratmeter.
Um Zugang zu geförderte Wohnungen zu bekommen, ist ein Mindesteinkommen – dreimal die Monatsmiete – nötig. Was ist mit ärmeren Alleinerziehenden?
Wir versuchen dabei zu helfen, Unterstützungen zu beantragen. Für viele ist das aber keine Möglichkeit, da gibt es dann noch Gemeindewohnungen, aber selbst da haben nicht alle Anspruch darauf. Ein großes Problem. Wir arbeiten an einem Projekt, wo JUNO Hauptmieterin ist und man nicht mehr drei Monatsmieten als Einkommen braucht. Aber generell braucht es einfach mehr soziale Absicherung für Alleinerziehende.