Arthur und ClaireDichter Innenteil

Aus der KulturPASSage

Josef Hader ist für mich ein grandioser Schauspieler, und er ist ein Mensch, der sich sehr im sozialen Bereich engagiert. Außerdem versucht er, Menschen zum aufmerksamen Zuhören zu bewegen, eine Voraussetzung, um nicht einfach alles hinzunehmen.

Foto: Tivoli Film – Wolfgang Amslgruber

Josef Hader ist für mich ein grandioser Schauspieler, und er ist ein Mensch, der sich sehr im sozialen Bereich engagiert. Außerdem versucht er, Menschen zum aufmerksamen Zuhören zu bewegen, eine Voraussetzung, um nicht einfach alles hinzunehmen. Diese Charakterzüge sind sicher mit ein Grund dafür, dass sich Herr Hader in seinen Filmen immer ernsthafter Themen annimmt und Menschen agieren lässt, mit denen man sich identifizieren kann. Josef Haders Darstellung von Antihelden, die Situationskomik in Geschehnissen zu teilweise todernsten Themen bieten meist ein vergnügliches Kinoerlebnis und regen zum Nachdenken an.

Apropos todernst – in dem neuen Film «Arthur und Claire» unter der Regie von Miguel Alexandre geht es um den Tod, besser gesagt um die Auseinandersetzung mit dem Tod, also ums Sterben. Der Außenseiter Arthur (Josef Hader) erhält eine Krebsdiagnose und entschließt sich, seinem Leben in einer Klinik in Amsterdam vorzeitig ein Ende setzen zu lassen. Seine Familie will schon lange nichts von ihm wissen, er ist zu einem unausstehlichen Grantler geworden. Jetzt will er nicht lange leiden und tut in seiner Todesangst alles, um sein ohnehin schlechtes Image so sehr zu verstärken, dass er ganz sicher niemanden fehlen wird auf dieser Welt. Er behandelt zwar seine Mitmenschen noch abstoßender, aber in all seinem Handeln kann man erkennen, wie groß die Angst vor dem Sterben ist. Ich denke, dass auch der «Selbstmord» in der Klinik ein Aufschieben ist, in der Hoffnung, vielleicht doch noch zu erfahren, dass die Krebsdiagnose falsch war und es sich nur um einen bösen Traum gehandelt haben möge. Ist es feige, sein Ableben ohne Schmerzen selber zu bestimmen, bzw., ist das Risiko zu hoch, dass man seinem Leben ein Ende setzt, obwohl man mit Schmerzen überleben hätte können? Alle diese Gedanken sind bei Arthur sehr gut zu erkennen.

Als sich Arthur während seines «letzten Abendmahls» im Hotelzimmer durch allzu laute Musik gestört fühlt, klopft er an die Türe, um seine Nachbarin zurechtzuweisen. Als er dabei zufällig den Selbstmord der Mieterin, einer jungen Frau namens Claire (Hannah Hoekstra als kongeniale Partnerin) vereitelt, passiert etwas mit Arthur. Er kann nicht verstehen, dass sich jemand das Leben nehmen will, noch dazu, wenn dieser Jemand erst um die dreißig Jahre alt ist. Arthur und Claire beginnen miteinander zu reden, scheinbar haben beide schon sehr lange niemanden zum Reden gehabt. Sie sind beide nicht wirklich freundlich, aber sie hören einander zu und sind noch dazu beide so vom Leben enttäuscht, dass sie einander in vielen Aspekten verstehen können. Sie verbringen die ganze Nacht damit, durch Amsterdam zu ziehen, unendlich viel miteinander zu sprechen und in vielen Sequenzen einfach das Leben zu genießen. Ganz langsam wird Vertrauen zueinander aufgebaut und sie erkennen, dass gerade in der ersehnten letzten Stunde des Lebens endlich jemand da ist, den man sich bisher vergeblich herbeigewünscht hat. Was mit Selbstmordgedanken begonnen hat, endet in einem Gespräch über den Sinn des Lebens und dem Entschluss: «Das Leben bis zum letzten Atemzug auskosten.»

Ein berührender Film, der mit zwei hervorragenden Darseller_innen wunderbar zeigt, mit welcher Scheu und mit wie viel Gefühl einander zwei Menschen kennenlernen, die ihr Leben lang keine Nähe zugelassen haben.