Ausbruch aus dem bürgerlichen IdyllArtistin

Roman

Zuletzt hatte Katja Oskamp mit Marzahn, mon amour einen unvergleichlich glänzenden Roman fabriziert, der das Leben einer Schauspielerin erzählt, die eines Tages beschließt, als Fußpflegerin im titelgebenden Ostberliner Stadtteil zu arbeiten. Empathie und die Poesie des Arbeitsalltags gingen in diesem Klartext Hand in Hand. Jetzt beschenkt uns Oskamp mit einer nicht weniger, wenn auch komplett anders glänzenden Hellersdorfer Perle. Eine glückliche Kleinfamilie – Vater, Mutter, Kind – ist mit einer gleichaltrigen, ebenso glücklichen Kleinfamilie befreundet. Das lohnt für Katja Oskamp den Aufwand einer Erzählung freilich nicht – zumal das kleinfamiliäre Glück, wie schon Friedrich Engels wusste, auf Lebenslügen fußt. Also unternimmt ihre Protagonistin Ausbruchsversuche aus dem bürgerlichen – wieder Ostberliner – Idyll, um die Komfortzone (nicht aber ihre kleine Tochter Paula) hinter sich zu lassen. Sie riskiert einiges zwischen Lust, Unterwerfung und der Angst davor. Ausgangspunkt der Flucht in ein besseres Leben, aus dem schmucken Eigenheim in den Plattenbau, ist eine Bar, deren Name dem Roman seinen Titel verdankt. Dort trifft sie einen Mann, der fortan nur «der Mann» heißt. Was sich daraus ergibt, lassen wir uns liebend gern von einer gnadenlos guten Autorin erzählen.

Katja Oskamp: Hellersdorfer Perle
Aufbau Taschenbuch 2021
219 Seiten, 12,40 Euro