Immo Aktuell
Befristete Mietverhältnisse sind in Wien ein alltägliches Ärgernis. Eine Spezialvariante davon ist das Business-Apartment.
Das ist auf die Bedürfnisse von Geschäftsreisenden zugeschnitten und beansprucht dringend gebrauchten Wohnraum.
Text: Christian Bunke
Illustration: Much
Eine Bahnfahrt, die ist lustig, eine Bahnfahrt, die ist schön. Da kann man aus dem Fenster teure Luxusbauten sehen. Zum Beispiel bei einer Fahrt mit der U2 Richtung Seestadt. Höhe Messe-Prater fällt der Blick in Fahrtrichtung links auf ein schneeweißes Haus im modernen Stil, es wurde im Herbst 2014 eröffnet. Es ist kein gewöhnliches Haus. Nicht Eigentumswohnungen sind hier zu finden, auch keine gewöhnlichen Mietwohnungen. Ein an Balkonen aufgehängtes Banner proklamiert: «rooms4rent».
Dahinter steckt eine Firma, die an verschiedenen Standorten in Wien betreutes Wohnen, sogenannte «Serviced Apartments», für Geschäftsreisende anbietet. All diese Apartments sind in bester Lage. Unser schönes schneeweißes Haus zum Beispiel steht in der Vorgartenstraße 206, direkt an der U-Bahn und im sogenannten «Messecarrée Nord». Die Wirtschaftsuniversität und die Messehallen sind in fußläufiger Entfernung, wie Makler_innen es gerne formulieren. Eine solche Lage dürfte auf dem privaten Wohnungsmarkt mit allerlei Zuschlägen belegt sein.
Luxuswohnen auf Zeit.
Hier geht es um Wohnungen auf Zeit, also für Menschen, die nicht dauerhaft in Wien leben, aber für einige Wochen oder Monate ein Domizil benötigen. Für deren Bedürfnisse sind im Messecarrée Nord 182 Apartments vorhanden. Die «überwiegende Mehrheit» dieser Apartments hat laut Firmendarstellung einen «privaten Freiraum in Form von Loggia, Balkon oder Terrasse» zu bieten. Zu haben sind Ein- bis Dreizimmerwohnungen. Und die kosten. Eine «Standard»-Wohnung ab 33 Quadratmetern kostet 960 Euro im Monat. Ein Apartment «Large Plus» ab 49 Quadratmetern liegt bei 1.050 Euro monatlich, für die «Suite Plus» mit 62 Quadratmetern Größe und einer großen Loggia müssen 1.510 Euro im Monat hingelegt werden. Alle Preise gelten für Einzelpersonen. Möchte eine zweite Person in einer Wohnung mitwohnen, wird ein Aufschlag von 85 Euro verlangt. Hinzu kommt eine Kaution von 2.000 Euro. Serviceleistungen kosten extra. Im Angebot ist beispielsweise eine Apartmentreinigung für 120 Euro pro Monat oder eine komplette Küchenausstattung für 68 Euro monatlich. Wer von diesen Kosten gestresst ist, kann sich im hauseigenen Wellnessbereich entspannen – muss dafür aber 50 Euro extra hinlegen. Der hauseigene Empfangsdienst, eine sogenannte «Concierge», ist dafür im Preis inbegriffen. Die Grenze zur «touristischen Vermietung», wie das in der Wiener Bauordnung heißt, dürfte damit weit überschritten worden sein. Wer mehr als zehn Fremdenbetten an einer Adresse vermietet, muss ein Gewerbe anmelden und sicherstellen, dass sich das für touristische Zwecke vermietete Haus nicht in einer Wohnzone befindet.
Liberalisierte Gemeinnützigkeit.
Die Firma «rooms4rent» betreibt in Wien rund 500 solcher Wohnungen, aufgeteilt auf sieben Standorte, darunter der Hauptbahnhof, der Leopoldtower, Monte Laa oder die Seestadt Aspern. All diese Orte sind Neubaugebiete der jüngeren Vergangenheit.
«rooms4rent» ist eine Tochtergesellschaft des Österreichischen Siedlungswerks (ÖSW), einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft. Gegründet wurde das ÖSW laut eigenen Angaben im Jahr 1949 von der Christlichen Nothilfe, um der Bevölkerung in den Nachkriegsjahren leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Im Laufe der Jahrzehnte sammelte das Unternehmen eine Reihe «gemeinnütziger Tochtergesellschaften» um sich. «Diese wurden mit der Öffnung des WGG seit 2001 durch gewerbliche Dienstleistungs- und Projektgesellschaften ergänzt», heißt es auf der Website des ÖSW.
Hinter der Abkürzung WGG verbirgt sich das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das unter anderem die gemeinnützigen Bauträger reguliert, in den vergangenen Jahrzehnten aber immer weiter in Richtung Liberalisierung des Wohnungsmarktes aufgeweicht wurde. Somit können gemeinnützige Bauträger inzwischen offen auf dem privaten Markt agieren, und hier sogar im Business-Apartment-Segment. Ein Segment, das in keiner Weise dazu beiträgt, die Wohnungsnot zu lindern.
Wohnungsboom.
Der Markt mit den Business-Apartments boomt in Wien. Kein Wunder, denn für Eigentümer_innen gibt es eigentlich nur Vorteile, wie auf der Website «business-apartments.wien» nachzulesen ist. So können Eigentümer_innen jederzeit Eigenbedarf anmelden, was sich aufgrund der Kurzvermietungen an Geschäftsleute aber auch gut abwickeln lässt. Mieter_innen, die ohnehin nur für einige Wochen oder Monate in eine Wohnung einziehen, haben keinen Bedarf, um ihren Wohnraum zu kämpfen. Dafür müssen sie auch bereit sein, für ein «prächtiges Maisonette-Apartment mit Atrium und Garten» am Hietzinger Kai 3.190 Euro im Monat hinzulegen. Leistbarer Wohnraum geht anders.