Städte unterm Radar: Herzogenburg
Gewiss, die meisten Ausflügler:innen, die das sieben Bahnminuten nördlich von St. Pölten gelegene Herzogenburg aufsuchen, kommen wegen des Augustiner-Chorherren-Stifts: die Kirche eine beliebte Hochzeitslocation, die Prunkräume mit einem Bildersaal voll dichter Barockhängung, die prächtige Bibliothek mit einem Index der verbotenen Bücher. Soweit der für niederösterreichische Verhältnisse touristische Normalfall. Das eigentliche Highlight der Stadt aber befindet sich nahe des Hauptplatzes, in der Kremser Straße 2. Hier kommen Liebhaber:innen moderner Architektur auf ihre Kosten, hier frohlocken all jene, die sich an Betonfassaden nicht sattsehen können, denn hier wartet ein Bauwerk des Brutalismus darauf, bewundert zu werden: Es handelt sich um eine Filiale der Raiffeisenkasse, 1976 erbaut nach Plänen des in der Region ansässigen Architekten Jiří Mezřický – ein Glück, dass die Architektur-Anthologie Brutalismus in Österreich (siehe Heft Nr. 570) derlei verborgene Schätze anführt! Wer sich vom Anblick losreißt, kann nun zu Ausflügen in die unmittelbare Umgebung aufbrechen: Radtouren durch das Traisental bieten sich an (Urzeitmuseum in Nußdorf ob der Traisen), der geographische Mittelpunkt Niederösterreichs liegt mit seiner Max-Schubert-Warte eineinhalb Wanderstunden von der Raiffeisenkasse entfernt in östlicher Richtung, und auch die einst so vielbesuchte Wallfahrtskirche Heiligenkreuz-Gutenbrunn (drastische Fegefeuerdarstellung!) befindet sich auf Herzogenburger Gemeindegebiet.