Butterbrot und SchokoladeDichter Innenteil

Unsere Familie, meine Eltern waren immer Selbstversorger. Alles was wir zu essen bekamen, entstand fast im Eigenbau. Wir züchteten Rinder, Schweine, Hühner, hatten einen eigenen großangelegten Garten und bewirtschafteten die Felder, die wir selbst bearbeiteten mit Hand oder Maschinen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Alles was auf den Tisch kam, war selbst gezüchtet oder geerntet.

Foto: H. Ithaler-Muster

Ich liebte es, mit meiner Mama den Garten umzustechen und zu sehen, wie von eigener Hand gutes Gemüse und Obst für uns als Erst- und Letztverbraucher gedieh. Der Salat war immer frisch und kam nach dem Pflücken sofort in die Schüssel. Dazu gab es die vielen Kräuter zum Verfeinern der Gerichte und sogar manche unserer Bäume und Sträucher spendeten Blätter zum Zubereiten von bekömmlichen und heilsamen Tees. So hatten wir alles, was wir brauchten in unserer nächsten Umgebung. Meine Mama ließ neben den Beeten auch viele bunte Blumen leben und so sah unser Garten, nachdem alles zu wachsen begann, aus wie ein Schachbrett, geordnet, und jede Pflanze hatte ihren Platz in der Sonne.

Auch die Getränke und die Säfte entstanden im Eigenbau. Meine Mama sorgte immer für eine gesunde abwechslungsreiche Kost. Sie kochte Marmelade ein, machte die Leberknödel und die Suppennudeln selbst, backte Brot, erzeugte Kompott nach den Früchten der Jahreszeiten, Gurken und sonstiges Gemüse kam ins Rexglas und sogar die Sauermilch entstand nach langem Stehen der rohen Milch. Auf diesem Gebiet war meine Mama nicht zu überbieten. Sie liebte diese Arbeiten und sie ist mir da ein großes Vorbild geblieben.

Meine erste Konfrontation mit Schlagsahne

So gab es verwunderlicherweise auch Dinge, die wir Kinder in unserer Kinderzeit nicht kannten, die sich meine Eltern nicht leisteten oder leisten konnten. Eine echte Teebutter aß ich das erste Mal bei meiner Großmutter väterlicherseits, aber auch süße Sahne. Etwas cremig Weißes, das so gut schmeckte, löffelte mein Großvater immer aus dem Rührtopf, wenn meine Tante eine Torte gebacken hatte. Das war meine erste Konfrontation mit Schlagsahne, als ich wieder einmal bei Oma und Opa und meiner Tante Henriette übernachten durfte. Zum Frühstück gab es dann Semmeln mit Butter. Auch das kannte ich vorher noch nicht.

Sehr selten gab es für uns Kinder Schokolade. Der Weihnachtsbaum wurde geschmückt damit, in Form von kleinen Figuren oder Kugeln und beim Fernsehen raschelte oft das Papier, weil wir heimlich die Pralinen auswickelten und aßen. Zu Ostern gab es dann, von meinen Eltern versteckt in der grünen Wiese, einen Schokoosterhasen.

Später kamen dann meine Tante und mein Onkel aus Tirol zu uns auf Besuch, die wir alle sehr gerne hatten, weil sie uns immer viele Geschenke mitbrachten. Mein Onkel war auch der Firmpate von all meinen sieben Brüdern geworden. Als Onkel und Tante wieder mal kamen, überreichte mir meine Tante einen großen Sack voller Süßigkeiten, die Mama gleich in ihrem Kasten versteckte. Während meine Eltern sich mit den Verwandten unterhielten, ging ich heimlich in ihr Schlafzimmer und machte mich auf die Suche nach der Tüte. Ganz hinten im Kasten war sie versteckt. Als ich sie öffnete, traute ich meinen Augen nicht. Acht Tafeln, für meine Geschwister und mich, große, lilafarbene Schokolade und sonstiges gutes Naschwerk fiel mir entgegen. Das Papier der Schokolade hatte einen besonderen wunderbaren Geruch. Den Duft sog ich in meine Nase ein. Ich stahl so manches aus der Tüte und verbarrikadierte mich für den Rest des Tages in meinem Zimmer. Ein Szenarium, das sich immer wiederholte, wenn meine Tante und mein Onkel aus Tirol zu Besuch kamen.

Auch heute ist Schokolade etwas Besonderes für mich, da sie für uns nicht selbstverständlich war. Kinderträume werden wach, Erinnerungen an die lieben Besuche aus Tirol, die Zeit bei meinen Großeltern und mit meiner Tante Henriette, aber auch so manche Entbehrungen kommen mir in den Sinn. Das Bild von den bunten Gartenbeeten taucht auf und meine arbeitsame Mutter in ihrer blauen Mantelschürze.

Die Farbe der Schokolade, die ich liebte – Lila – , ist die gleiche geblieben. Da hat sich nichts verändert, aber für mich zeigt und zeugt sie heute auch, dass ich nicht auf der Schokoladenseite des Lebens geboren wurde.

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