Das war einer von unsArtistin

"Viele Wege sind zu wandern..."

HansiLang.jpg… ob es dunkelt oder nicht … (Metropolis) Hansi Lang, Rocksänger, Schauspieler, aber auch das Idol meiner Jugend, verstarb am Sonntag, dem 24. August, im Alter von 53 Jahren überraschend an einem Schlaganfall. Der Versuch eines persönlichen Rückblicks.

Berlin Friedrichshain, 30. August. Ein sonniger Vormittag in meiner Lieblingsstadt. Das Schultheiss schmeckt fast ein bisschen besser als sonst. Eigentlich ein perfekter Tag, wenn da nicht dieses bohrende schlechte Gewissen wäre. Eigentlich sollte ich jetzt gar nicht hier sein. Eigentlich sollte ich mich in Wien Hernals verabschieden. Mich verabschieden vom Idol meiner Jugend. Mich verabschieden von Hansi Lang, den ich in späteren Jahren kennen lernen durfte und der mir ein Freund geworden ist.

Soundtrack meiner Jugend

Was uns verband: Es war nicht nur der gemeinsame Nachname. Es war auch nicht die selbe Straße, in der wir für kurze Zeit beide wohnten. Viel mehr war meine Jugend untrennbar mit Hansi Lang und seiner Musik verbunden. Kein Stadtwandeln ohne einen Hansi-Song auf den Lippen. Damals vorzugsweise Wege vom Album Ich oder Du (1984), bis mich bei der x-ten Wiederholung meine erste Freundin anflehte, doch bitte endlich die Klappe zu halten. Oder unzählige Begegnungen, in denen der Hansi vielleicht nicht immer in Bestform war, aber immer eine Freundlichkeit auf den Lippen hatte.

Griaß eich Burschen waren die ersten an mich und meinen Freund gerichteten Worte, als wir ihm auf Grund eines reißerischen Rennbahn-Express-Artikels in seinem damaligen Wohnhaus auflauerten. Wir waren voll aus dem Häuschen! Das war zu einer Zeit, als seine Alben Keine Angst (1982) und Der Taucher (1982) die verschlafene Wienerstadt bereits wachgeküsst hatten. Als der Schlachtruf Keine Angst noch immer von den Häuserwänden schrie und der Schriftzug Ich oder Du den Asfalt zierte. Das war zu jener Zeit, als der gleichnamige Dieter-Berner-Film Ich oder Du in den Kinos lief und sich Hansi Lang seinen musikalischen Durchbruch selbst versemmelte: Ein groß angekündigtes Metropol-Konzert. Eigens angereiste Plattenbosse aus dem benachbarten Ausland. Alle waren gekommen, nur nicht der Hans. Der Rest ist Geschichte. Karrierepause.

Jahre später und mittlerweile verheiratet, erfahre ich aus der Zeitung über ein demnächst ins Haus stehendes, neues Hansi-Lang-Album. Alte Liebe rostet nicht, die Freude ist groß, die Erwartungen sind es auch. Das neue Album Hansi Lang (1986), auf Englisch gesungen, floppt. Die Medien wollen keinen gesundeten Hansi Lang. Noch immer klingen seine enttäuschten Worte aus einem Interview für das Fernseh-Jugendmagazin Okay im Ohr: Da hast du einen Diamanten in der Hand, jeder ist glücklich und die einzige Frage, die viele interessiert: Und, host gspieben dabei? Wieder Pause. Nächster Versuch, diesmal wieder auf Deutsch. Als Losgeher wollte er es noch einmal wissen, und ein Comeback-Konzert stand an. Das ehemalige Rockhaus war voll bis unters Dach, und die Enttäuschung war groß. Nicht wegen der Darbietung, es waren die eigenen, so genannten Fans, die Hansi-, Hansi-Rufer, die ihm keine Chance geben wollten und die schon nach dem zweiten neuen Song von Losgeher(1993) lauthals Hansi, ein altes Lied forderten. Pause, die Dritte.

Träume gehen in Erfüllung

Inzwischen beim Augustin als Fotograf und Teil des betriebseigenen Chors Stimmgewitter angekommen, schlage ich vor, doch für unsere erste CD den Hansi-Lang-Titel Keine Angst gemeinsam mit ihm neu aufzunehmen. Der Vorschlag stößt auf Skepsis: zu wild, zu schreierisch. Und überhaupt. Alle Bedenken fallen, als Hansi zum ersten Mal in unserem Probelokal erscheint. Griaß eich Burschen, es war wie ein Déjà-vu irgendwann im Hochsommer. Er setzte sich hin, knöpfte sein Hemd auf und verschaffte sich Frischluft mit einem Miniventilator. Der Bann war gebrochen, alle liebten Hansi. Auf seine Anregung vermengten wir zwei seiner Lieder zu einem. Aus Keine Angst (1982) und Angst (1993) wurde ein Song im neuen Outfit. Trotz anderer Termine war es für den Hans selbstverständlich, bei unserer CD-Präsentation im Metropol zu erscheinen, um mit uns zu singen. Er eröffnete mit uns den Abend, aber nicht an vorderster Front im Scheinwerferlicht, das überließ er uns Musikanten von der Straße. Er wanderte in die hinterste Reihe, machte sich klein und uns groß. Ein Traum wurde wahr.

Seit meinem ersten Hansi-Lang-Konzert, die genaue Jahreszahl entzieht sich meiner Erinnerung, gab es noch unzählige Aufeinandertreffen. Einerseits anonyme als Fan und später dann persönlichere als Freund. Auf Konzert- und Theaterbühnen, in Wohnungen, Lokalen oder einfach nur auf der Straße. Sein Erfolg mit dem Slow Club und dem Album Welcome To The Slow Club (2004), wo er Klassikern aus dem großen amerikanischen Songbuch seine eigene Note verlieh, war letztendlich auch für mich eine große Freude und gewisse Genugtuung. Darüber und dafür, dass er es geschafft hat, nicht als Keine-Angst-Ich-spiele-Leben-Karaoke-Maschine zu verkommen zu viel hat ihn diese Zeit gekostet , sondern in ein neues würdiges Gewand zu schlüpfen.

Noch letztes Jahr durfte ich ihn für sein neues Wienerlied-Album Die Bucht von Wien (2007) im Prater vor dem Mecky-Express, dem Lieblingsringelspiel meiner Kindheit, fotografieren. Und noch heuer, besser gesagt in zwei Wochen, sollte Hansi Lang mit dem Stimmgewitter auf der Bühne stehen. Noch einmal gemeinsam singen. Es ging sich leider nicht mehr aus.

Was an Hansi Lang faszinierte? Seine Stimme, die aus einem Telefonbuch lesen konnte und dabei Musik daraus machte oder seine unverwechselbare Art, Geschichten zu erzählen, oder einfach nur, wenn er Seavas Mario sagte, das alles machte ihn für mich einzigartig.

Lieber Hans, du hast meine Jugend und mein Leben um das gewisse Etwas reicher gemacht. Danke.

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