Ein Haus für den Trabivorstadt

Buch: DDR-Garagen

Abrissobjekt oder kulturelles Erbe? Autoabstellplatz oder erweiterter Wohnraum? Endlich bekommt die DDR-Garage, was ihr schon lange zusteht: eine architektonische Würdigung. Die Herausgeber_innen, eine Architekturhistorikerin und ein Architekt aus Westdeutschland, haben gemeinsam mit ihrer Seminargruppe «The Garage Manifesto» an der Technischen Universität in Cottbus ein kleinformatiges Buch produziert. Kompakt, funktional und liebevoll ausgestattet – genau wie die DDR-Garage selbst. Darin finden sich: eine kleine Garagen-Kulturgeschichte, architektonische Case-Studies und ein Nachwort oder eine Nach-Frage darüber, welches Bauwerk ein Denkmal ist und welches Denkmal geschützt werden soll. Dazwischen ein Fotoessay.
Die typische DDR-Garage stand im Verband. Es gab sie als (Blech-)Bausatz für den Eigenbau ebenso wie in Massivbauweise. Die Tore mal einheitlich, mal in bunter Abwechslung gestaltet. Um Garagen zu beantragen, schloss man sich zu Garagengemeinschaften zusammen. Auf die Garagenerlaubnis wartete man oft ähnlich lang wie aufs Auto. Also sehr lang.
1956 lief die Produktion des Wartburg in Eisenach an, 1957 die des Trabant in Zwickau. Das Auto war, schreiben die Herausgeber_innen, «ein kostbares Gut» und brauchte die Garage zum Schutz und zur Wartung. Die Garagen wiederum, in denen sich meist auch Fahrräder fanden, mit denen die Autobesitzer_innen den weiten Weg zum Wohnort zurücklegen konnten, waren mehr als nur Reihenhaussiedlungen für Trabis. Sie dienten als Abstellkammer, Versammlungsort, Raum zum Basteln und zum Feiern – als willkommene Erweiterung des begrenzten Wohnraums. Die Garagen waren so schmal, dass der Trabi gut hineinpasste. Heute fängt man, SUV-fahrend, wenig damit an. Was also macht man mit ihnen? Das Garagenmanifest ist eine beinahe wütende Streitschrift, die einiges einfordert: Aufmerksamkeit für die Garage, architektonische Achtung vor ihr und städtebauliche Konzepte zum Umgang mit den noch bestehenden Garagenanlagen. Denn viele wurden bereits abgerissen, um modernerer, unbescheidenerer Architektur Platz zu machen.

Jens Casper, Luise Rellensmann (Hg):
Das Garagenmanifest
Park Books 2021
176 Seiten, 25,70 Euro