eingSCHENKt: Demenz – Immer noch ichtun & lassen

«Mein Name ist Helga Rohra. Ich bin ein Mensch, der an Demenz erkrankt ist. I belong to you.» So stellt sich Helga Rohra vor, sie war 54 Jahre alt, als sie die Diagnose Demenz erhielt. Nimmt Demenz einem Menschen die Persönlichkeit? Die Antwort von Helga Rohra ist: «Nein. I belong to you. Ich stehe trotzdem neben dir.»

Was meint sie damit? Personen, die mit Demenz leben, werden oft als «leere Hüllen» gesehen. Die Veränderungen, die Demenz auslösen, sind schwierig, furchtbar und irritierend – besonders auch für Angehörige. Aber die Betroffenen sind keine «Toten bei lebendigem Leib». Das blendet einen großen Teil unseres Menschseins aus. Die Person ist mehr als ihre kognitiven Fähigkeiten. Zum Kern der Person gehören auch ihre emotionalen, kommunikativen, sozialen, empfindungsbezogenen und körperlichen Qualitäten. Und Gedächtnis ist auch Leibgedächtnis, so nennt das die Ethikerin Maria Katharina Moser, «das, was einer Person in Fleisch und Blut übergegangen ist: vertraute Umgangsformen, Bewegungsabläufe, Wege, Orte, Geschmäcker, Gerüche, Klänge, Lieder, Gebete». Zusammen mit den Gedanken, Wünschen, Hoffnungen und Befürchtungen, die eine Person nachhaltig beschäftigen, bleibt das die «Quelle des Sinnerlebens». Und genau da können wir eine Brücke bauen. Genau so bleiben wir in Kontakt. Beziehungen ermöglichen es Menschen, die mit Demenz leben, sich als Person zu erfahren. Der Personenstatus eines Menschen mit Demenz hängt an der Frage, ob er oder sie als Person angesprochen wird.

«Ich merke zwar, dass ich vergesslich bin, aber der Angehörige weist mich darauf hin», erzählt Helga Rohra. «Dann spielt auch die Biographie eine Rolle, die Biographie ist das Wichtigste im Leben eines Menschen, der älter wird. Also wenn ich einmal in einem Heim bin, dann geben Sie mir einen Timer, und bei dem streichen Sie mir an: waschen, duschen mit Uhrzeit und Farbe; Frühstück mit Uhrzeit und einer anderen Farbe usw. Wenn Sie mich in diesen Terminkalender blättern lassen, dann bin ich happy. Ohne diesen gehe ich nicht aus dem Zimmer, weil das meine Biographie ist. Damit Sie mit mir gut umgehen können und dass Sie mir die Selbstbestimmung ermöglichen, müssen Sie mich kennen.» Einander kennenlernen. Auch wenn sich die Bedingungen für Selbst-Ausdruck und Selbst-Verwirklichung ändern, das Selbst geht nicht verloren. Das Personssein wird in Beziehungen lebendig. «Ich möchte mit ein paar Gedanken enden, die für die Menschen gedacht sind, die sich nicht mehr so artikulieren können wie ich», sagt Helga Rohra. «Wo die Sprache einfach versagt: Wenn die Sprache nicht mehr die Worte sind, dann besteht auf jeden Fall eine andere Ebene.» Da ist keine leere Hülle und keine Tote. «Es geht um mehr», betont Rohra. «Du siehst meinen Glauben nicht, du siehst meine Verwandlung nicht, du siehst deine Zukunft, du siehst alles klar, du stehst da – über mir.» Doch: «Ich sehe mein Jetzt, ich bin unklar, aber ich stehe trotzdem neben dir.»