Ermordung der MetapherArtistin

Literatur

«Seit zwei Whiskyflaschen versuche ich nun schon / zu schreiben über: / eine Mutter, die versucht, den brennenden Sohn / mit ihren gestutzten Armen zu löschen […].» Die gewaltsame Zerstörung des menschlichen Körpers wird dem irakischen Lyriker und Aktionskünstler Kadhem Khanjar, geboren 1990 und wohnhaft bei Bagdad, als Leitmotiv durch seine Lebensrealität unablässig aufgedrängt. Die zerbröckelten Schädel, klebenden Hirne und kullernden Augen aus Sandra Hetzls Übersetzung für den mikrotext-Verlag sind hier nicht als Bilder, sondern wortwörtlich zu verstehen.
Das Ich ist Mörder, Verräter, Trauernder, Hassender, Opfer. Durch Beschreibungen von Alltagshandlungen im Krieg fragen Khanjars Gedichte auch danach: Wie Mensch sein in der moralischen Verrohung, als Erbe eines Kinderfahrrads, als Überlebender? Ein Einzeiler trägt den Titel Ficken. Er lautet: «Ich knipse das Fleisch ab, bis zum Fingernagel.»
Khanjars Gedichte sind keine Versuche. Sie sind, als poetische Zerstörungen von Heldentum und anderen Sinnangeboten martialischer Praxis, radikal im besten Wortsinn.

Kadhem Khanjar
Dieses Land gehört euch
Gedichte
mikrotext 2019
136 Seiten,
8,99 Euro (E-Book)
14,99 Euro (Taschenbuch)

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