«Glauben» ist schwerDichter Innenteil

Grafik: Thomas Kriebaum

5.3. ’10, 01:39: Mein Leben ist ganz weit weg von Menschen. Wie ich mein ganzes Leben einzelgängerisch war, bin ich nun es total. Ich falle in die Kategorie «Pflegestufe 2» und habe gesetzlich alles, was nur geht, erobert. Ich schlafe wohlbehütet. Diagonaler kann es weltweit niemand Feineren geben als mich. Mein Schlechtes Gewissen ist riesig. Aber ich kann den Leidenden nicht helfen.

Bin ein Langweiler und geistiges Nackerpatzl! Das ist die Summe meines Seins? Ich höre Ö1 und hab nichts einzuflechten. Mir fällt nichts ein. Ich konnte, als ich in der Hauptschule war, das Radioprogramm («Nordmende») auswendig aufsagen. Vata hatte ihn auf einen Sender eingestellt. Damals nannte sich das, was nun die Welle von Ö Regional sich nennt, «Die Welle», die um 5 die Nachrichten brachte und «Autofahrer unterwegs» und am Sonntag «Was gibt es Neues?» mit Heinz Conrads und die Hitparade am Samstag Abend. Meine Eltern hatten nur Mittelwelle, keinen UKW. In der Früh gab es Blasmusik und Vincenz Ludwig Ostry, der hatte immer eine Art Radiokolumne, und sonntags Orgelmusik. Orgel- und Blasmusik geht mir heute ab. Das hol ich jetzt mit dem ewigen Ö1-Hören nach. Ich fand in ihm eine Art Heimat.

Ich kann nirgendwo mehr sozial sein, außer lieb sein

Ich bin auf das generelle Loch meines Seins draufgekommen! Alle, die ich kennenlernte, waren liiert. Hatten davon feste Wunden. Ich bin der einzige, der vollkommen ohne Wunden davonkam! Von Geburt an bin ich lebensunfähig. Ich hatte bis jetzt mich bestens versteckt! Jetzt aber kulminiert mein «Geschwür». Irgendwas geht mir ab.

Das «Glauben» ist auch ein schweres Ding! Natürlich ist die Tätigkeit des Glaubens eine soziale Frage, keine Schimäre, aber ich kann nirgendwo mehr sozial sein, außer lieb sein. Und das will ich innig. So naiv leb ich mein «Glauben» mein Leben lang.

Noch hab ich alle meine fünf Sinne im Griff. Wie eine Uhr rattere ich dahin. Ich sitz in meiner beheizten Wohnung. Sonst hab ich nichts zu vermelden. Ich leb wie ein Kaiser in Frankreich. Isoliert wie nur was, und geh schlafen.