Grundiertes FundwissenDichter Innenteil

Gottfrieds Tagebuch

  1. 8.

Wie üblich bin ich auch an diesem Samstag wieder auf der Jagd nach Nahrung für Mensch und First Lady. Da ich allerdings auf die Zuhilfenahme von Waffen aller Art grundsätzlich verzichte, verkehre ich öffentlich zur Nahversorgerin meines Vertrauens. Während der Fahrt begeben sich meine diversen Gedanken zum wiederholten Male auf eine ausgedehnte Reise durch die von ihnen bewohnten Gänge. Wie ich jedoch schon vorher befürchtete, wurde mir eine eigentlich völlig banale Frage gestellt. Warum heißt es «Liebe macht blind?» Meine mentale Werkseinstellung droht kurzfristig zu versagen, aber dann taucht plötzlich eine mögliche Lösung dieses Problems am Horizont auf und die lautet, wie folgt. «Die Ehe stellt das Sehvermögen umgehend wieder her!» So was passiert, wenn ich samstags auf die Jagd gehe …

  1. 8.

Ich muss gestehen, dass ich gelegentlich Werbung im TV verfolge oder sogar irgendwelche oberflächliche Sendungen, in denen es vorwiegend um Altbausanierung im Gesichtsbereich oder Ähnliches geht. First Lady befürchtet Schlimmes und durchsucht auf der Stelle die nähere Umgebung des Waschbeckens nach verdächtigen Utensilien. Während sie ihrer umfangreichen Spionagetätigkeit nachgeht, mache ich mir inzwischen ein paar Gedanken. Dazu benötigt man in erster Linie eine halbwegs funktionierende, analoge Intelligenz und ansonsten ein grundiertes Fundwissen oder so ähnlich. Womit wir bei der nächsten, weltbewegenden Frage wären. Warum sind so viele Leute mit ihrem Aussehen unzufrieden und so wenige von diesen mit ihrem Gehirn? First Lady hat nichts Verdächtiges entdeckt, ist aber über diese Frage angemessen empört. Immerhin betreibt sie auch regelmäßig Fellpflege, um ihr Aussehen zu optimieren.

  1. 9.

Es ist wieder so weit. Der meteorologische Herbst hat begonnen und das, obwohl der vom Ober-Basti angekündigte Sommer wie früher gar nicht stattgefunden hat. Aber was soll ich zu diesem humanoiden Sprachroboter sonst noch sagen? Vielleicht, dass eine fundierte Berufsausbildung in der hohen Politik eher hinderlich zu sein scheint? Darum, liebe Leute, sagt es allen minderjährigen Nachwuchshoffnungen, dass sie möglichst früh einer Partei beitreten sollen und dann ihren Sprachcomputer mit allen möglichen und unmöglichen Phrasen füllen sollen. Eine gewisse charakterliche Verwahrlosung wäre angeblich ebenfalls hilfreich, habe ich irgendwo gehört. Aber ich bin ja auch im Anti-Basti-Fanclub, falls es den wirklich gibt. George Bernard Shaw scheint hier sehr gut zu passen: «Die Politik ist das Paradies zungenfertiger Schwätzer!»

  1. 9.

Klimaschutz ist Menschenschutz. Das habe ich kürzlich gehört. Ich finde, man müsste das Klima vor den Menschen schützen. Aber andererseits braucht das Klima und die Welt uns Menschen nicht unbedingt. Um auf andere Gedanken zu kommen, stöbere ich ein wenig im weltweiten Netz und komme zur Erkenntnis, dass dort dringend Reinigungspersonal benötigt wird. Wer sich aus Versehen in diverse Corona-Foren verirrt, der kommt unweigerlich zu folgender Erkenntnis: «Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben!» Oder man wird unfruchtbar oder man hört eine Rede von Herbert Kickl, die leider auch im Internet wohnt und zwar für circa ewig oder sogar länger. First Lady beschließt, mich sofort an die frische Luft zu schicken, um ein wenig mit meinem Hirn Gassi zu gehen.

  1. 9.

Ich bin verstört. Ein Bekannter mit Deutsch als Fremdsprache fürchtet sich wegen des Begriffs «Leichenschmaus». Da ich Zeit habe, bin ich ihm kurzfristig dabei behilflich. Während ich analog die passenden Vokabeln suche, versuche ich, ihn entsprechend zu beruhigen. Es droht nämlich keinesfalls Kannibalismus in unserem Land. Obwohl ich auf einer Tafel vor einem Lokal einmal zu lesen bekam: «Wien is(s)t anders.» Ob mein Musik-Tipp ihn letztendlich beruhigt hat, gilt als ungeklärt, denn ich empfehle diesmal Wolfgang Ambros mit Es lebe der Zentralfriedhof.