Herzstationtun & lassen

Augustiner Viano Akpogo

Hello my Friend, das ist meine Herzstation, der U3-Abgang Volks­theater. Hier verkaufe ich bereits seit 11 Jahren den Augustin. Von Montag bis Freitag, fünf Tage die Woche. Ich bin ein Frühaufsteher, ab sieben Uhr gibt es die aktuelle Ausgabe im Angebot. Hier kenne ich fast jeden, hier habe ich viele Freund:innen gefunden. Ich versuche, die Menschen zu beglücken, ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Mein Geheimnis? Das Wichtigste ist der Blickkontakt und auf die Leute zugehen. Mit einem Lachen auf den Lippen und einem Spruch auf der Zunge: «G’sund bleiben! Wie geht’s der Familie, was macht der Job?» Den Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen habe ich von meiner Mutter gelernt, die hat in Nigeria einen kleinen Mini-Markt betrieben. In den Anfangszeiten habe ich mir noch schwer getan, aber mit den Jahren habe ich die Herzen erobert. Viele winken mir schon von weitem und wenn ich einen Tag ausnahmsweise einmal nicht auf meinem Standplatz stehe, machen sich alle Sorgen um mich. Einmal war ich auf Urlaub und jemand hat einen Zettel auf die Plakatsäule an meinem Standplatz geklebt: «Wo ist Viano?» Ein anderer hat darauf geantwortet und geschrieben: «Keine Sorge, der kommt nächste Woche wieder!» Ich bin schon wie zu Hause in dieser Stadt!
Meine Frau Sarah hat mich nach Wien geholt, sie lebt schon länger hier. Wir wohnen im 22. Bezirk und haben drei Kinder – acht, zehn und zwölf Jahre alt. Alle drei echte Wiener! Unsere Kinder lernen Deutsch mit uns, aber manchmal machen sie Späße über mich und meine Aussprache. Freizeit gibt es nur am ­Wochenende, da wird mit den Kindern gekocht. Sie lehren mich Deutsch und ich zeig’ ihnen, wie man ein afrikanisches Stew zubereitet. Und dann gibt es noch die regelmäßigen Treffen in unserer Kirchengemeinde.
Glaube, Familie und eine positive Einstellung, das sind meine drei Säulen. Letztes Jahr hab’ ich zwei Schicksalsschläge einstecken müssen, zwei Wochen vor unserem letzten Besuch in Nigeria ist mein Bruder viel zu jung verstorben und vor kurzem auch noch mein Vater, da haben mir meine drei Säulen sehr geholfen. Und auch der Augustin, wenn ich auf meinem Platz in der Volkstheater-Unterführung stehe, bin ich ganz auf den Moment fokussiert, mache Spaß und versuche die Stimmung meiner Kundschaft aufzuhellen – «You look so fresh, noch einen erfolgreichen Tag!»

 

Protokoll & Foto: Mario Lang