Klangexplosionen auf TonbandArtistin

Die Kassette kommt zurück

Manchen Leser_innen wird der Film «A Clockwork Orange» noch in Erinnerung sein. Seine, später vom Regisseur Stanley Kubrick zerknirscht bedauerten, Gewaltfantasien wurden mit bewegender Musik untermalt. In einer Szene wünscht der Protagonist, Alex, Beethovens 9. Symphonie zu hören. Seinen auffälligen, vergoldeten High-End-Plattenspieler lässt er dabei unberührt und legt stattdessen eine Musikkassette ein.

Foto: Privat

Was der bis ins Detail präzise Kubrick damals wusste, kommt heute wieder langsam zu Bewusstsein: Kassetten sind besser, insbesondere wenn es um Beethoven geht.

Beethoven oder auch experimentellere Musikarbeiten bereiten Toningenieur_innen ein schwer lösbares Problem. Die leisesten Momente einer Symphonie etwa gleichen einem gehauchten Flüstern, die lautesten aber einem startenden Flugzeug. LPs und CDs schaffen das nicht, ihr Lautstärkenumfang ist nicht groß genug, deswegen ist der Schlusschor der ­«Neunten» auf Platte immer übersteuert. Das Tonband kommt der Klangexplosion am nächsten, da es das Laute und das Leise zugleich recht gut einfangen kann. Außerdem sind die kleinen, zuweilen durchsichtigen Kästchen, in denen sich mit komplexem Räderwerk die Bänder drehen, stylische Objekte, die zum fetischartigen Gebrauch einladen, was Kubrick natürlich bei der Auswahl seiner Filmrequisite auch nicht entgangen war.

skug, das Magazin für den gepflegten Bandsalat, beobachtet seit einiger Zeit die Rückkehr der Musikkassette. Autor Christoph ­Benkeser räumt den auf Kassetten festgehaltenen Neuveröffentlichungen unkonventioneller Musik sogar eine eigene Kolumne (Grundrauschen) ein und Autor Martinee besuchte beispielsweise Julian Klien, den Gründer des Wiener Kassetten-Labels Goldgelb Records. Wer also mehr über diese Welle des Musikproduzierens, -sammelns und -hörens erfahren will, einfach auf skug.at nachschlagen, dem AUGUSTIN-Kooperationspartner, und dann trösten wir uns gemeinsam darüber hinweg, dass wir bei Kassetten nie genau wissen können, ob die Umlaufgeschwindigkeit richtig ist, weswegen alles Gehörte bei der Aufnahme langsamer oder schneller gewesen sein könnte. Aber hey, nobody is perfect.