Tagebuch eines Augustin-Verkäufers
22. 8.
Zum Wetter fällt mir nichts mehr ein. Außer vielleicht, dass es derzeit sehr angenehm zu sein scheint, im Freien zu nächtigen. Ich kann das in Wolfgangs Garten aber nicht machen, da sonst die Nachbarn eventuell ein wenig befremdet reagieren könnten.
Zwischen zwei Litern Mineralwasser muss ich daran denken, dass Mann/Frau angeblich nie auslernt. Das kann schon sein, aber es scheint mir auch auf die jeweilige Person anzukommen. In meiner Eigenschaft als diensthabender Klugscheißer möchte ich hiermit meinen heute gelernten und vielleicht nicht nur für mich neuen Begriff gutgelaunt in die Runde werfen. «Helikoptereltern». Interessant. Interessanterweise bezeichnet er sowohl Gutes als auch Schlechtes. Also zum Beispiel Eltern, die sich ständig um ihr Kind bemühen und ihm aber auch alles nur irgend Mögliche abnehmen. Ihm im übertragenen Sinn den verlängerten Rücken nachtragen. Wie einst Helmut Qualtinger sang: «Der Papa wird’s scho richtn.» Das kann gut oder schlecht sein. Aber eigentlich ist mir zu heiß, um mir über solche Leute länger Gedanken zu machen.
24. 8.
Plakatwände brüllen mich an. Was habe ich bloß angestellt? Ach ja, ich bin ein Wahlberechtigter. Habe ich denn eine Wahl? Eine Kanzlerpartei, die «sozial» im Namen trägt, aber in Wahrheit … Eine Koalitionspartei mit der ÖVP, die immer rechter wird und noch immer unter den Nachwirkungen eines Kanzlers namens Schüssel leidet. Dann eine Heinz-Christian-Partei, die einfach nur gefährlich ist. BZÖ = Bereits ziemlich öha. Stronach??? In Wahrheit scheinen da nur die Grünen als wirklich wählbar über zu bleiben oder die KPÖ? – Was weiß man? Wichtig ist aber, dass wählen gegangen wird. Nichts ist schlimmer, als Leute, die furchtbar über die Politik schimpfen, aber gar nicht erst wählen gehen.
27. 8.
Es ist furchtbar. Was? Na alles! Was alles? Na alles da draußen. Wo draußen? Na in dieser politisch korrekten Welt. Wieso? Na weil mir dieser Ausdruck «politisch korrekt» ziemliches Hohlraumsausen verschafft. «Politisch korrekt» soll ja etwas Gutes bedeuten. Na sicher! Wenn ich jetzt auf die ganzen politischen Diskussionen im Wahlkampf sowohl bei uns als auch in Deutschland schaue, dann finde ich die Bezeichnung «politisch korrekt» eher negativ. Oder furchtbar. Aber vielleicht legt sich das ja wieder.
30. 8.
Während ich so vor mich hin sinniere, erhalte ich folgende Schnurrspende: «ydt7ul0äöän2» Mausi schnabuliert zufrieden vor sich hin. Trockennahrung aus dem Fachgeschäft. Außerdem weiß sie angeblich auch was. Ihr gesetzlicher Vormund, also ich, hat sich eine Sendung über elektronische Neuheiten angesehen. Darin wurde viel über Nutzen und Missbrauch von mobilen Buschtrommeln diskutiert. Der Begriff «künstliche Intelligenz» wird ja leider bei immer mehr Leuten durch «künstliche Idiotie» ersetzt. Das scheint Mausi nicht so sehr zu gefallen. Der blinde Murli sieht in dieser Causa vorwiegend schwarz.
1. 9.
Meteorologischer Herbstbeginn. Außerdem Sonntag. Warum ist das jetzt wichtig, dass Sonntag ist? Na, weil der Verfasser dieser Zeilen halbtags an Alzheimer zu leiden scheint. Und zwar im Bezug auf den Einkauf von Nahrung für Menschen. Es gäbe zwar am Praterstern einen Nahversorger, aber wenn mich dort jemand an einem Sonntag antreffen sollte, dann ersuche ich höflich um die umgehende Einleitung meiner Einschläferung. Dann schon lieber etwas vom gegenüberliegenden Chinesen mitnehmen. Immerhin ist ja Sonntag. Und Herbstbeginn. Und man gönnt sich ja sonst nichts. Mausi schüttelt nur den Kopf. Murli bleibt betont gelangweilt.
5. 9.
Ich bin schon früher nicht gern auf der «Mahü» unterwegs gewesen. Auch wenn sie die größte Wiener Einkaufsstraße ist. Mir egal. Aber weil jetzt so viel darüber geredet wird, wage ich mich todesmutig in die Nähe. Über die Kirchengasse nähere ich mich. Stecke dann meine Nase um die Hausecke. Da ich mit ihr nicht wirklich etwas sehe, folgt nun der Kopf. Die dort befindlichen Ohren empfangen umgehend eine Diskussion über Folgendes. «Wo darf ich gehen? Wo darf der mit dem Rad fahren? Und die sollen doch alle sch… gehen diese Roten und Grünen!» Meine Beine ergreifen die sofortige Flucht Richtung Panik, oder was weiß ich.
9. 9.
Normalerweise mag ich mich nicht so aufregen, aber heute muss es einfach einmal sein. Das «Haus Henriette», in dem ich wohne, wird angeblich von der «Gesiba» verwaltet. Wie gesagt angeblich. Wenn dem wirklich so ist, dann scheint die «Gesiba» an einer schweren Verwaltungsstörung zu leiden. Denn gemeldete Schäden, deren Behebung durch die erwähnte Verwaltung veranlasst werden sollten, erfahren eine unglaubliche Ignoranz und Nichtbeachtung, dass es nicht mehr lustig ist. Beispiele? Von Schadensmeldung bis Reparatur: Ventilator im Bad: vier Monate! Scharnier bei Kühlschranktür: acht Wochen! Haustürschloss: fünf Wochen! Wie bereits erwähnt, mag ich mich nicht aufregen, aber derart faul ist nicht einmal das Tier, nach dem diese Eigenschaft benannt ist.