Millenial Ranttun & lassen

Illustration: Thomas Kriebaum

Speakers' Corner (11. September 2024) 2024)

Ich habe meine Eltern überredet, ihren uralten TV/Festnetztelefon/Internet-Knebelvertrag, der fast 3-mal so teuer wie aktuelle Angebote ist, zu kündigen. Jetzt haben sie einen TV/Internet-Anschluss und ich habe den S­alat. Nach 17 Kundenkonto-Einrichtungen mit 83-stelligen Sonderzeichen-Passwörtern (getippt mit < >-Tasten der Fernbedienung), 29 App-Downloads am Handy und am Fernseher, meterlangen AGBs, wo ich wahrscheinlich mein Erstgeborenes dem Internetbetreiber übertragen habe, übergebe ich meiner Mutter die Fernbedienung, um ihr zu erklären, dass sie nun 7 ­verschiedene Knöpfe drücken und 3 Apps starten muss, um ­endlich auf ORF1 zu kommen, und dann 5 Minuten warten muss, bis die Bildqualität sich stabilisiert.
Wie schaffen es Digital-Non-Natives heutzutage fernzusehen, ohne Einrichtungshilfe oder ein Vermögen für Kabel-TV hinzublättern? ­­Was ist aus dem guten alten Fernseher Einschalten und einfach Zappen geworden? Gibt es das Wort «zappen» überhaupt noch? Oh Gott, ich höre mich an wie ein Boomer …
Wenn ich schon dabei bin, ich checke TikTok-Trends einfach nicht. Warum sagen plötzlich alle «very demure, very mindful» und was bedeutet «shady» im deutschsprachigen Kontext? Help! Und seit wann heißen Instantnudeln auf Chinesisch nicht mehr 方便面 (praktische Nudeln), sondern 泡面 (Aufgießnudeln)? Und warum hört sich mein ­Vater an wie eine Gen-Z-TikTok-Influencerin, wenn er dieses Wort verwendet? Totally cringe … (Wahrscheinlich ist das Wort «cringe» mittlerweile selbst cringe.)

Hier schreiben abwechselnd Nadine Kegele, Grace Marta Latigo und Weina Zhao nichts als die Wahrheit.

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