Augustiner Moses Osa
Ich verkaufe den Augustin in Neunkirchen. Dort habe ich in einem Camp für Asyslsuchende gewohnt. Vor sieben Jahren bin ich nach Österreich gekommen. Mittlerweile kenne ich viele Menschen, weil ich auf den Straßen Musik mache. Ich spiele eigene Songs und Coversongs, Reggae und Afrobeat. Als Kind habe ich meinen Bruder gefragt, ob ich sein Zimmer aufräumen darf, nur um Bob Marley hören zu können. Seitdem weiß ich, dass ich Sänger werden will. Mein Publikum ist nicht mehr so groß, wie vor Corona, auch beim Augustin-Verkauf merkt man das. Jetzt kaufe ich weniger, denn ich muss meine Miete zahlen und Geld an meine Frau und meine achtjährige Tochter in Nigeria schicken. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war sie noch ein Baby. Wir telefonieren, aber ich kann sie nicht besuchen. Das Geld fehlt und ohne Papiere kann ich nicht reisen. Ich hoffe immer noch auf meine Dokumente.
Meine Fähigkeiten motivieren mich dazu, mehr zu tun, als Augustin zu verkaufen. Ich habe Landwirtschaftswissenschaften in Nigeria studiert, wollte meine eigene Farm aufbauen und Maschinen einsetzen, wie hier in Österreich. Hier wird mein Abschluss nicht anerkannt, also muss ich von vorne beginnen. Sobald ich meine Papiere habe, möchte ich eine Ausbildung machen und im Kindergarten arbeiten.
Musik hält mich am Leben. Viele Leute fragen mich auf Social Media, ob ich auf Veranstaltungen spielen kann, wie beim Augustin-Fest. Mein Künstlername ist Color Riot. Ich trage gern verschiedenfarbige Kleidung, aber der Name hat noch eine Bedeutung: Niemand kann mich aufhalten. Ich bin aktivistischer Künstler, ich kritisiere die Politik in vielen afrikanischen Ländern. Hier in Europa sehe ich, wie es funktionieren kann: wenn du krank bist, kommst du ins Krankenhaus. Aber dort wo ich herkomme, hast du keine Chance ohne Geld. Und Europa kümmert sich nicht mal darum! Die EU behauptet, in unseren Ländern gibt es keinen Krieg. Sie denken, es ist einfach, das Mittelmeer zu überqueren. Wenn ich so privilegiert wäre, würde ich zu den europäischen Regierungschefs sprechen. Sie müssen das Dublin-System ändern. Alle Menschen, die keine Verbrechen begangen haben, sollen Dokumente bekommen und arbeiten dürfen! Dann können auch sie zur Entwicklung beitragen. Mein Traum ist es, eine politische Gruppe zu organisieren. Wir sind viele nigerianische Menschen auf Twitter und Facebook und äußern uns dazu. Es ist freundlicher, politische Botschaften in Form von Musik hinauszutragen, als sie auszusprechen – so kämpfe ich für mein Land.
PROTOKOLL: SYLVIA GALOSI
FOTO: MARIO LANG