Augustin 581

Welt statt Wien

«Was hat dich denn hierher verschlagen?» ist eine Frage, die ich oft zu hören bekomme. Nicht selten von Menschen, die ich zum ersten Mal sehe. Scheinbar harmlos und legitim, doch ich kann sie kaum ertragen. Nicht nur weil es eine sehr persönliche Frage ist, die ich nicht jedem:r beantworten will. Allem voran, weil sie die Befragte, also mich, ausschließt. Mir wird dadurch kommuniziert, indirekt aber doch, dass ich «nicht von da» bin. Dass ich fast die Hälfte meines Lebens in Österreich lebe, schwindet. In einer Sekunde werde ich zur «Fremden» gemacht.
So sehr Wien eine «Weltstadt» ist, wo 35 Prozent der hier lebenden Menschen nicht hier geboren sind und viele mehr Migrationsbiografie haben, so wenig denken wir ihre Gesellschaft global. Auch in Museen, die aus einer nationalen Perspektive erinnern, sammeln und ausstellen. In Wien gibt es um die 200, darunter ein Teddybärenmuseum, ein Schnapsmuseum, sogar ein Zahnmuseum. Migration, die bei weitem mehr über diese Stadt und ihre Menschen erzählt als Teddybären, Schnäpse und Zähne, hat noch immer kein eigenes Museum.
Ein Aktivist:innen-Kollektiv eröffnet nun im Rahmen des Festivals Wienwoche, zumindest symbolisch, das «Musmig». Was Direktor:innen anderer Wiener Museen darüber denken, lesen Sie im Hauptartikel meiner Coverstory auf Seite 6. Und weil auffällig vor allem das ist, was fehlt, erzählt anschließend im Interview Savo Ristić, warum Wien auch ein Denkmal für Gastarbeiter:innen braucht.
Die Semmeringbahn, eine technische Meisterleistung des 19. Jahrhunderts, ist keine museale Lücke. Christoph Fellmer berichtet auf Seite 14 über das «Carl Ritter von Ghega Museum», Planer und Erbauer der Bahnstrecke. Nebenbemerkung: Er ist als Karoli in Venedig geboren, damals war Venedig Teil der Habsburgermonarchie, als Sohn von Eltern albanischer Herkunft, gestorben ist er in Wien. Ob ihn jemals jemand fragte, wie er nach Wien gekommen ist und er darauf antwortete: «Mit der Bahn», werden wir wohl nie erfahren.

Text: Sónia Melo

Cover: Technisches Museum Wien

Musik hält mich am Leben

Augustiner Moses Osa

Ich verkaufe den Augustin in Neunkirchen. Dort habe ich in einem Camp für Asyslsuchende gewohnt. Vor sieben Jahren bin ich nach Österreich gekommen. Mittlerweile kenne ich viele Menschen, weil ich auf den Straßen Musik mache. Ich spiele eigene Songs … weiterlesen

Altersarmutsluxus

Eing’SCHENKt (September 2023)

«Einen Kaffee trinken ist Luxus geworden», erzählt eine ältere Frau. «Sie fangen beim Automatenkaffee in der Klinik an, der kostet jetzt 1,10 oder 1,20 Euro. Sie fangen an zu sparen, Sie suchen sich noch einen Automaten, wo sie ihn noch billiger find… weiterlesen

Weltneuheit

Wos is los … beim Augustin (September 2023)

Bar oder mit Karte? Dass die Augustin-Verkäufer:innen ab Herbst diese Frage stellen können, hatte sich in den Sommermonaten bis zum Bundeskanzleramt durchgesprochen. Am 5. Oktober ist es so weit! «Auf ein Kaffeetscherl mit dem Augustin» steht auf der… weiterlesen

Gastarbajteri würdigen

Savo Ristic´ setzt sich für die Errichtung eines Gastarbeiter:innen-Denkmals in Wien ein. Mit Erfolg: Bald ist es soweit.

Fast 60 Jahre nachdem die ersten Gastarbeiter:innen hierher kamen, denen das Wirtschaftswunder zu danken ist, gibt es in Wien… weiterlesen

Falscher Hausfreund

Immo aktuell (September 2023)

Ein digitales Board sorgt derzeit in diversen Wiener Wohnhäusern für Unmut. Seine Botschaften richten sich an künftige Investor:innen – auch im sozialen Wohnbau.

Kurz vor Jahresende machten dieMieter:innen des Arwag-Wohnhauses in der Wiener Schlie… weiterlesen

Itʼs time to say … ES REICHT!

Speakers‘ Corner (September 2023)

Nach Jahren des Chaos wachte ich in Supergau auf. Nichts funktioniert. Man könnte meinen, Corona ist eine Hirnkrankheit. Um Missverständnisse auszuräumen: Ich zähle mich zu den 80 Prozent der Menschen in Österreich, die mittlerweile gezwungen sind, e… weiterlesen

Die «schneidige» Cenzi Flendrovsky

Graphic Novel: Wiener Radpionierin

Seit 2022 wird die Tour de France Femmes durchgeführt. In Österreich werden Frauen-Straßenradrennen wieder seit 1990 veranstaltet. Im Jahr 1900 wurden Frauen-Fahrradrennen in Österreich und Deutschland verboten, später auch in anderen Ländern – aus f… weiterlesen

Ein Museum für den Ritter

Die Bahnstrecke zwischen Mürzzuschlag und Gloggnitz ist nur 42 Kilometer lang, gehört aber zu den technischen Meisterleistungen des 19. Jahrhunderts. Ihrem Erbauer ist das «Carl Ritter von Ghega Museum» am Semmering gewidmet.

Mehr als 100 steinern… weiterlesen

Barrierefrei

Das Lokal wirbt sehr selbstbewusst mit dem «schönsten Gastgarten» Wiens, was ein bisschen die Arroganz von ­Plachutta zum Ausdruck bringt. Keine Frage, die Qualität der Speisen ist hoch. Eine Speisekarte mit Allergenkennzeichnungen ist extra zu erfra… weiterlesen

Jeder Schlag sitzt

Erzählungen

«Wenn doch man duscht / So fehlt die Kraft zur Trocknung / Die Flaschen stapeln sich schon wieder und / Geliebter Hund pisst auf den Teppich, Vorwurf / Ein schlechter Mensch ist man, nicht würdig ihm». Poetry-Slammerin und Autorin Lena Hödl hat mit U… weiterlesen

Libellensorbet

Wiedergefunden … ! (siehe Dichter Innenteil Textende / Augustin Nr. 579): das nicht ganz exakt vor 30 Jahren gezeichnete Libellensorbet, erstmals veröffentlicht in der «ELFFRIEDE – das Magazin für von ihrer Umwelt sich unverstanden fühlende» (vergr… weiterlesen

Das letzte Gespräch

Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (September 2023)

Hüseyin verbrachte heuer drei Wochen in der alten Heimat bei den Eltern und Geschwistern. Ende Juli fliegt er hin, um die alte Mutter, die seit fast zehn Jahren drei Mal die Woche zur Dialyse gehen muss, zu besuchen. Vielleicht der letzte Urlaub, wo … weiterlesen

Tälerisches Luftschloss

Berge, die fallen und Täler, die siegen, kämpfen sich durch ein Medaillon von Polaritäten. Der Fuchs stirbt, wenn er seine List verloren hat und die Märchen dazu, weil plötzlich unklar ist, wer wem was angetan hat und wer vor wem wegläuft wie ein Sti… weiterlesen

Wie funktioniert das mit dem Singen?

Eine Frage an … die Gesangslehrerin Eva Neubauer

Wenn man an einer Gitarrensaite zupft, beginnt die Saite sanft zu vibrieren. Diese Schwingung überträgt sich als Schallwelle über die Luft weiter und gelangt so über unser Ohr ins Gehirn. Dieses sagt uns, dass wir einen Ton hören.
Bei unserer Stimme… weiterlesen

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