Nicht wegschauenAugustiner:in

Augustinerin Henrie Dennis

Als Mitarbeiterin im Augustin-Vertrieb bin ich Teil der Sozialen Arbeit und mache viele Sachen, die mich interessieren, nicht nur Zeitungen ausgeben. Es geht darum, Leute zu unterstützen. Die Arbeit mit den Verkäufer:innen bedeutet, ihnen zuzuhören, ihnen Möglichkeiten vorzuschlagen, wie sie ihre Probleme lösen können. Wir geben ihnen Telefonnummern und Adressen, wo sie sich hinwenden können. Oder wir begleiten sie, z. B. zu Ämtern. Wir reden über ihre Bedürfnisse. Da wird ein Gespräch persönlich. Ich kenne dieses Gefühl, wenn du in einen Raum kommst und jemand spricht deine Sprache, da schüttest du dein Herz aus.
Der Kontakt zum Augustin ergab sich, als ich als No-Border-Aktivistin gemeinsam mit anderen versuchte, die Abschiebung des Augustin-Verkäufers Abuchi O. zu verhindern.* Von einem Mitarbeiter hörte ich, dass eine Stelle frei sei und ich habe mich beworben. Seit September bin ich nun im Team. Mit Leuten zu arbeiten, die in prekären Situationen leben, die Opfer von gesellschaftlicher Gewalt sind, Themen wie Obdachlosigkeit, Diskriminierung, das interessiert mich, als Aktivistin kann ich da nicht wegschauen. Ich versuche Überschneidungen zwischen meiner Arbeit hier und meiner Arbeit bei Afro Rainbow Austria und bei Planet 10 zu finden. Planet 10 ist ein Kulturverein und partizipatives Hausprojekt in Favoriten (www.planet10wien.at). Afro Rainbow Austria habe ich mitgegründet, es ist eine Organisation, eine Plattform von und für queere Migrant:innen aus Afrika, die in Österreich leben (www.afrorainbow.at).
Ich wurde geboren in Port Harcourt, bin aufgewachsen in Lagos, seit rund 15 Jahren bin ich in Österreich. Ich habe zwei Kinder, die ich zusammen mit ihrer zweiten Mutter aufziehe. Sie sind neun und sechs Jahre alt. Eines ist bereits in der Schule und das andere wird im Herbst eingeschult. Dann sind wir alle in der Schule. Mich inkludiert, denn ich studiere fürs Doktorat an der Akademie der Bildenden Künste, wo ich im Juni 2023 schon meinen Master mit einem Diplomprojekt namens «Will you marry me?» gemacht habe, für das ich den Würdigungspreis der Stadt Wien bekommen habe.
Ich spiele Fußball, das ist meine erste Liebe. Auch American Football habe ich eine Zeit lang gespielt. Und ich spiele Schach, aber es ist schwer Menschen zu finden, die Schach spielen, zumindest hier in Wien. Ich liebe tanzen und Musik, deshalb habe ich auch begonnen als Hobby aufzulegen. Ich deejaye auf Partys und Festen oder einfach für mich allein.

*Abuchi O. wurde Ende Oktober nach Nigeria abgeschoben, mehr dazu in Augustin 585 und online.

Protokoll: Jenny Legenstein

Foto: Mario Lang