Nimm`s Geld und renn wegArtistin

Franco Nero: Erinnerungen einer Italowestern-Legende

Django.jpgFranco Nero ist ein Schauspieler von Weltrang. Der 68-jährige Italiener hat mit den größten Stars und Regisseuren zusammengearbeitet. Claudia Cardinale, Anthony Quinn oder Bruce Willis waren seine Filmpartner. Als «Django» ging er in die Filmgeschichte ein. Er prägte das Genre des Italowestern ähnlich stark wie Clint Eastwood. Mit dem Augustin sprach er über Österreich-Bezüge und über seine Projekte abseits des «Django»-Kultes, deren Subversivität und Intelligenz es kaum zulassen, das Interesse der Mainstream-Medien zu erregen.

Ebenso wenig wie auf die Rolle des Django reduziert zu werden, will Franco Nero ein Star sein. Er will Schauspieler sein, und das heißt für den blauäugigen Darsteller aus etwa 180 Filmen vor allem eines: Risiken eingehen. Daher unterstützt Franco Nero in den letzten Jahren häufig junge Filmemacher, die zwar kein großes Budget, aber den Mut haben, intellektuelle Filme abseits des Mainstreams zu machen. Filme, die Missstände aufzeigen. Filme, die keine heile Welt vorgaukeln. Filme also, die Italien heutzutage wahrscheinlich dringender als jedes andere EU-Land braucht. Einer dieser jungen Regisseure, mit denen Franco Nero noch viele Pläne hat, ist der Turiner Louis Nero. (Er ist mit Franco Nero nicht verwandt.) Gemeinsam entstanden bisher die Filme Hans und La Rabbia.

Aber Franco Nero fühlt sich auch in Österreich wohl. Hier hat er sich als Jugendlicher mit Kellner-Jobs eine warme Malzeit verdient und später eine Handvoll Filme gedreht unter anderem mit dem österreichischen Kult-Regisseur Peter Patzak.

Herr Nero, welche Erinnerungen haben Sie an Österreich?

Als ich ein Junge von 18 Jahren war, sagte ein Freund aus Parma zu mir, ob ich nicht Lust habe, im Sommer mit zum Campen zu fahren nach Österreich. Wir hatten beide keinen Penny in der Tasche, aber das war uns egal. Wir sagten uns dennoch: Lets go to Austria! Mein Freund war ein Jahr älter als ich und hatte schon den Führerschein und ein Auto. Also fuhren wir zuerst nach Innsbruck und kamen spät am Abend am Campingplatz an. Wir versuchten unser Zelt aufzustellen und machten dabei natürlich Krach. Ein deutscher Tourist wurde dadurch aufgeweckt, kam aus seinem Zelt und gab uns beiden eine schallende Ohrfeige. Das war mein erstes Erlebnis in Österreich! (lacht) Schließlich fuhren wir weiter nach Salzburg, aber wir hatten noch immer kein Geld. Also fingen wir an als Kellner zu arbeiten und bekamen dafür ein warmes Essen. So ging die Reise weiter durch ganz Österreich.

Aber Sie haben in Ihrer Karriere auch einige Filme in Österreich gedreht

Viele sogar. Vor allem mit Peter Patzak. Es war toll mit ihm zu drehen, und ich würde gerne wieder mit ihm arbeiten. Aber in Österreich habe ich auch die beiden «Wolfsblut»-Filme nach den Romanen von Jack London gedreht. Das war Anfang der 70er Jahre. Und ich glaube dabei bin ich mir aber nicht ganz sicher , dass Arnold Schwarzenegger damals einer der Statisten bei «Wolfsblut» war. Jahre später traf ich Schwarzenegger in Rom und später noch einmal in Los Angeles, und jedes Mal hat er mich überschwänglich begrüßt und mir gesagt, dass er als Jugendlicher alle meine Filme im Kino gesehen habe. Ich habe ihn nie darauf angesprochen, ob er dieser Statist bei «Wolfsblut» war, und er hat es mir auch nicht gesagt, aber ich glaube, er war es.

Erst vor ein paar Jahren standen Sie in der Steiermark vor der Kamera: Für die Romantik-Serie «Liebe, Lügen, Leidenschaften»

Hm, das war so eine Sache, wo du dir sagst: Nimm das Geld und renn weg! Man sagte mir damals, dass großartige Schauspieler wie Maximilian Schell oder Helmut Griem auch in dieser Serie mitspielen, aber schließlich wurden diese Serien-Episoden keine großartigen Filme. Aber gut, es war in Ordnung.

In Österreich drehte ich des Weiteren «Der Fall Lucona», «Wagner» mit Richard Burton und dann noch eine nette Komödie mit dem Titel «André schafft sie alle».

In den letzten Jahren unterstützten Sie viele Nachwuchs-Filmemacher, vor allem den jungen Turiner Regisseur Louis Nero. Wie kam es dazu?

Das stimmt, ich versuche seit ein paar Jahren jungen Regisseuren zu helfen. Manchmal hast du dabei Glück, manchmal nicht. Mit Louis Nero hatte ich großes Glück, und wir bereiten gerade unser drittes Projekt vor. Nach «Hans» und «La Rabbia» soll unser dritter Film Private Eyes heißen. Dabei handelt es sich um die Verfilmung eines alten Drehbuchs des genialen italienischen Regisseurs Damiano Damiani. Louis Nero habe ich vor etwa drei Jahren kennen gelernt, als mich ein guter Freund, der ein kleines Kino in Rom besitzt, anrief und sagte: «Franco da steht ein junger Regisseur aus Turin in meinem Kino und will einen Film mit dir machen.» Als mir Louis schließlich diesen kleinen Cameo-Auftritt in «Hans» anbot ich sollte einen verrückten Richter spielen , sagte ich zuerst ab, da mir der Part zu mickrig war. Dann kam mir die Idee, den Film mit einem Monolog zu eröffnen, und so machten wir es schlussendlich auch. Die Rolle des Richters habe ich dann noch zusätzlich gespielt.

Bei «La Rabbia», der leider bisher noch nicht auf Deutsch erschienen ist, handelt es sich um einen wunderschönen Film über das Filmemachen. Die vielen Widrigkeiten, mit denen junge Künstler zu kämpfen haben, wenn sie sich nicht am Mainstream orientieren wollen, sind Thema des Films. Sie spielen in «La Rabbia» nicht nur die Hauptrolle, sondern waren auch Produzent des Films!

Das kam so, dass Louis Nero nach der positiven Erfahrung mit Hans eines Tages mit dieser Idee zu La Rabbia zu mir kam. Ich las das Drehbuch, und er sagte sofort, dass ich mit ihm kooperieren müsste, denn er wolle eine großartige Besetzung für den Film. Also rief ich alle meine alten Freunde an, allen voran Faye Dunaway, um bei La Rabbia mitzuwirken. Schlussendlich habe ich den Film koproduziert und bin mit dem Endergebnis ziemlich zufrieden.

La Rabbia thematisiert auch das schwierige Verhältnis zwischen TV-Produktionen und Kinofilmen. Obwohl Sie in Interviews immer wieder Ihre Abneigung Fernsehproduktionen gegenüber ausdrücken, sind Sie dennoch häufig in TV-Filmen zu sehen.

Ja, aber wenn ich Fernsehen mache, fühle ich mich, als würde ich mich prostituieren. Wissen Sie, Kino lässt einen träumen! Man kauft sein Ticket, geht für zwei Stunden in einen dunklen Raum und sieht einen tollen Film. Beim Fernsehen isst und telefoniert man gleichzeitig, man furzt in den Couch-Sessel, rülpst, macht sonstigen Krach und zollt dem, was man im Fernsehen sieht, keinen Respekt. Daher ist mein Prinzip: Wenn ich einen Film fürs Fernsehen mache, muss ich dafür vier Filme fürs Kino machen. Meine nächsten Projekte sind auch alles Kino-Produktionen.

Wird man Sie wieder in einem Western sehen? Es gab ja bereits einige Ankündigungen und viele Gerüchte, dass Sie zu dem Genre zurückkehren wollen, mit dem Sie bekannt wurden.

Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr den Film «The Badlanders» machen kann. Viele bekannte Schauspieler wollen an diesem Western-Projekt mitwirken: Zum Beispiel F. Murray Abraham, Keith Carradine oder Eli Roth. Und auch Quentin Tarantino will mitspielen. In Italien soll der Film zwar wieder im Fernsehen laufen die Produktionsfirma will es so , aber im Rest der Welt soll er ins Kino kommen.

In den letzten Jahren haben Sie viele Filme in Ungarn gedreht. Wie kam das?



Das passierte einfach. Eines Tages kam der ungarische Regisseur Koltay Gábor zu mir nach Rom und fragte mich, ob ich einen ersten Film machen möchte «Father Julianus». Danach sagte ich, dass ich gerne Attila spielen möchte. Aber die ungarischen Filmemacher meinten, besser als Attila wäre doch Árpád, der Held von Ungarn. Also spielte ich Árpád. Letztes Jahr habe ich sogar in Ungarn einen Film produziert: «Mario, il Mago». In Ungarn bin ich mittlerweile einer der bekanntesten Schauspieler



Auch im deutschsprachigen Raum sind Sie nach wie vor sehr populär.

Was mich besonders freut, ist, dass die neue Generation meine Arbeit liebt. Die junge Generation! Erst vor kurzem hatte ich etwa eine der größten Überraschungen meines Lebens: Ich war in Paris zu einem Filmfestival eingeladen, wo eine Hommage an mich stattfand. Drei Tage lang wurden meine Filme im größten Kino von Paris, das auch gleichzeitig das älteste Kino Frankreichs ist, gezeigt. In diesen drei Tagen sahen mehr als 6000 Leute meine Filme. Und alle Jungen hatten Poster und DVDs meiner alten Filme dabei. Das war wirklich überwältigend.

In letzter Zeit häufen sich bei Ihnen die Ehrungen, nicht wahr?

Das stimmt. In den letzten Jahren hatte ich Ehrungen und Hommagen überall. In München den «Diva»-Preis, in Rumänien, in Budapest, in Sevilla mit dem König von Spanien. Eine Ehrung in Miami, in Istanbul. Überall.

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