Schwer, ein Auto zu bauen, wenn man nie eines gesehen hatArtistin

Musikarbeiter unterwegs … Tennisplätze, Kaiserschädeln, Wacken

Das Trio Kaiser Franz Josef – kurz KFJ – veröffentlicht das Album III. Seit zehn Jahren aktiv, releasen sie ihren satten Rock auf einem Major, nicht alltäglich in A.

Text: Rainer Krispel, Foto: Mario Lang

Der Zufall spielt mir eine Rod-Stewart-Autobiografie in die Hände. Rod ist ein großes Vergnügen, nicht nur wegen der besten Seiten, die ich je über Haar gelesen habe. A proper Rockstar. Was in Erinnerung ruft, dass (mir) das einmal erstrebenswert schien. Rockstar! Ein Bubentraum, gewiss auch ein Mädchentraum. Große Bühnen! Aufnahmebudgets, die in geilen Studios verprasst werden! Sich kreativ und kreatürlich ausleben!
«Mit welchem Producer wollt ihr gerne arbeiten, hat das Management gefragt», erinnert sich Bassist Pete. In die Band eingestiegen, als Sham (Stimme, Gitarre) und Thom (Drums) die zwiespältige Erfahrung eines Auftritts bei Die große Chance und der Kooperation mit den ORF-Enterprises schon hinter sich hatten – noch ohne Management. Rick Rubin ist sich nicht ausgegangen, aber ein Mann namens Tom Dalgety war interessiert. «Sagt der beinhart zu.»

Im Bandbus nach Monmoth, Wales.

«Es war immer das Ziel, Musiker zu sein, das maximal ernst nehmen, und maximal Zeit zu investieren», beschreibt Sham die Ambitionen des Trios. So fuhren KFJ im Bandbus fast 2000 Kilometer, bis sie die legendären Rockfield Studios (Musikarbeiter: Schnapp­atmung, wer dort aller …) erreicht hatten, wo Dalgety arbeiten wollte. Was dieser schon mit Kalibern wie Ghost, Pixies, Rammstein oder Royal Blood getan hatte. Wegen des «Mördersounds» Letzterer wollten ihn KFJ. So haben jetzt die 9 Stücke von III ihren eigenen Killer/Kaiserklang, von Opener Dive über Strip My Soul (im Netz dazu ein Video mit Bildern vom Recording-Trip) bis zu Rings To The Bone. «Frisch, aber ganz klar Rock.» Die Songs hatten bei der Aufnahme schon zahllose Stadien durchlaufen, aus 30 Ideen formte das Trio in den letzten Jahren 12 Songs, das Zusammenraufen mit Dalgety ließ das hochklassige, scharf und dicht gewobene Albummaterial über. Wobei KFJ beim Songwriting nach dem Prinzip «Alle machen Alles» arbeiten, jedes Element muss den Segen aller Beteiligten haben. Kein leichter Prozess, aber ein lohnender, hört mensch das kraftstrotzende, von einer eigenen Eleganz getragene Album. Der Proberaum – in der ehemalige Kantine einer benachbarten Tennis-Anlage lokalisiert – ist ein tatsächlicher Arbeitsraum, hier finden auch die Interviews zum Album statt und tauchte der Produzent erstmals tiefer in das Material ein.

Nicht Die Wilden Kaiser.

Obwohl bei Sony/Columbia unter Vertrag und mit einem Management im arbeitsamen Dialog, das etwa auch BossHoss betreut, sind die materiellen Entlohnungen selbst dieser Musikerleben überschaubar. Wohl haben KFJ in Wacken, beim Rock am Ring, Nova Rock und ähnlichen Festivals mehr ganz große Bühnen gerockt, oder wissen (übel)launige Anekdoten aus dem Touralltag mit Airbourne, Billy Idol oder den Foo Fighters zu erzählen. Aber ohne Teilzeitjobs oder andere Zuverdienste ist das Bestreiten des Lebensunterhalts der unerfüllte Teil des Eben-nicht-mehr-Bubentraums KFJ – die Bandmitglieder sind End-Zwanziger/Um-die-Dreißiger. War zu Zeiten der großen Chance eine klassisch österreichische, inexplizite Abwehrhaltung zu spüren («da sind schon einige Türen zugegangen»), scheint die Band mittlerweile als das wahrgenommen zu werden, was sie ist – eine wirklich geile Rockgruppe. Geschenkt, dass mensch Spurenelemente von Led Zeppelin ausmacht. Sham: «Schwer, ein Auto zu bauen, wenn man nie eines gesehen hat.» Die Namenswahl eines Kaisers, den mensch für das anhaltende gesellschaftliche Elend dieses Landes mitverantwortlich machen kann, rückt das Artwork – dessen Totenschädel – zurecht: toter Franz Josef = guter Franz Josef! Ein Irrtum bleibt noch aufzuklären. Pete: «Die Frisörin, die mir ein Leben lang die Haare schneidet, glaubt noch immer, wir sind Die Wilden Kaiser.»

Kaiser Franz Josef: III
(Sony/Columbia)
Live: 23. 9., B72
www.kfj-music.at

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