Tamaravorstadt

Wiener Wäsche

Ort: Leopoldstadt, an einem strahlenden Frühlingstag. Überall begegne ich Mädchen und Frauen, die mit Vorliebe körperbetonte Kleidung, am häufigsten extraenge Hosen, kurze Röcke und Leggings, schmal geschnittene Jacken und Leiberln tragen. Vielleicht irritiert mich deshalb diese an mir vorbeirauschende, ungewöhnliche Silhouette einer jungen Frau für ein paar Momente und fängt meinen Blick: Ihre wallende Weste über dem drapierten Kleid bekundet Lebenslust, Nonchalance und Kreativität.Abgesehen davon sieht das alles extrem bequem aus! Wir Frauen sind ja dazu konditioniert, unsere Bäuche einzuziehen und mit enger Wäsche einzuschnüren, was uns am Atmen hindert, ohne dass wir es bewusst merken – ergo nicht wirklich gesund … Insofern könnte alles, was sich diesen, im wahrsten Sinne des Wortes einengenden Vorgaben der (Billig-)Modeindustrie bewusst entzieht, heute schon subversiv genannt werden. Bequeme Schuhe (*gefällt*), wie sie Tamara trägt, sind für ihr jugendliches Alter auch nicht selbstverständlich; Po und Busen könnten durch hohe Absätze immerhin weit stärker akzentuiert werden. (Ich weiß nicht, wie viele Paar Schuhe Tamara zu Hause stehen hat, ich bin aber immer wieder verblüfft über die veröffentlichten Statistiken: Durchschnittlich besitzt jede Frau hier 14 Paar Schuhe, jeder Mann acht Paar; und pro Jahr kaufen wir angeblich drei Paar dazu!)

«Die Weste ist ein Geschenk, das ich gestern von einer Freundin bekommen habe, ein No-Name aus Materialmix. Das Baumwollkleid und die Schuhe hab ich in einer der vielen kleinen Boutiquen in der Altstadt von Rovinj in Istrien gekauft, wo ich aufgewachsen bin und immer noch gerne einkaufe.»

Tamara trägt am liebsten Stoffe, «die sich gut anfühlen. Ich mag Baumwolle und Leinen.» Ist für sie beim Kauf auch relevant, unter welchen ökologischen bzw. sozialen Bedingungen Kleidung hergestellt wurde? Als Yoga-Lehrerin kaufe sie gerne in Yoga-Geschäften ein, wo es sowieso meist nur Bio gebe, weil der Kundschaft das dort wichtig sei. Ansonsten peile sie kleine Boutiquen in der Neubaugasse und Lindengasse, aber auch Designer_innen-Outlets an.

Dass Tamara seit acht Jahren modelt, gibt sie erst auf Nachfrage preis; wichtiger ist ihr dann doch ihre Ausbildung zur Psychotherapeutin.

www.shanti-yogastore.com