Verkaufen, wann man willtun & lassen

Augustinverkäufer Michael

Es war vor ein paar Jahren: In der Gruft in der Mariahilfer Straße bei der Maltherapie haben wir T-Shirts bemalt in einer Hütte, da hat mich Robert Sommer angesprochen, ob ich eine Geschichte schreiben möchte über die Gruft und über das Malen. Ich habe gesagt, ja, warum nicht. Seitdem schreibe ich für den Augustin. Es sind oft Texte über Sachen, die ich selbst erlebt habe oder worüber ich mir Gedanken mache, oder ich frage Bekannte von mir zu einem Thema, es können aber auch frei erfundene Geschichten sein. Singen tu ich auch sehr gerne. Als Künstlerin Annabelle trete ich auf der Straße auf. Da verkaufe ich entweder meine Bilder und ich singe Lieder, oder ich lese meine Texte vor.
Manchmal verkaufe ich den Augustin auch, bei der Kirche in der Mariahilfer Straße, denn beim Augustin hat man ausgemacht, man kann verkaufen, wann man will, aber am liebsten schreibe ich für den Augustin. Das ist eine Leidenschaft geworden für mich.
Gebürtig bin ich aus Graz. Schon als Baby kam ich zu einer Pflegefamilie, die mich leider schwer misshandelt hat. Mit fünf kam ich zu anderen Pflegeeltern auf einen Bauernhof. Dort ging es mir gut. Meine leibliche Mutter habe ich kennengelernt, als ich 18 Jahre alt war, und ich war ihr nie böse, dass sie mich hergegeben hat. Ich liebte meine Mutter über alles, und ich bin sehr traurig, dass sie schon mit 50 Jahren gestorben ist. Von Graz bin ich weggegangen, nachdem meine Freundin an einem Gehirntumor gestorben ist. Seit sechs Jahren bin ich in Wien, und hier gefällt es mir sehr gut. Gelernt habe ich Bäcker, und später habe ich umgeschult auf Gastgewerbe, da war ich Hausbursch. Jetzt arbeite ich in der Küche in der Gruft.
Wenn es Sommer ist, gehe ich öfter auf die Donauinsel. Da habe ich meine Ruhe, da entspanne ich mich. Weg von der Stadt, weg vom Lärm, die Seele baumeln lassen, bis man zur Ruhe kommt. Da fallen mir meistens neue Geschichten oder Gedichte ein. Die muss ich gleich aufschreiben, sonst vergess ich sie.

Ein Kurztext von Michael Zöllner ist auf S. 37 zu lesen.

Protokoll: Jenny Legenstein
Foto: Nina Strasser