Wiener Berufung: Nicht von dieser Weltvorstadt

Barbara Imhof ist Weltraumarchitektin und designt Wohnstätten im Weltall (Foto: Natascha Unkart)

«Sie müssen ständig aufpassen, dass Sie nicht davonfliegen. Fürs Essen gibt’s zwar einen Tisch, aber Sesseln braucht es nicht, Sie schweben ja sowieso.» Barbara ­Imhof ist Weltraumarchitektin. Als Teil des ­Unternehmens Liquifer designt sie Wohnstätten im Weltall. «Menschen haben im Weltraum dieselben Bedürfnisse wie auf der Erde. Nur sind sie nicht immer genauso leicht zu ­erfüllen», sagt Imhof. Das heißt: Es braucht Platz zum ­Arbeiten, ­Essen, Schlafen, für Hygienetätigkeiten und den sozialen Rückzug. Das größte Problem dabei ist der Platz, denn der ist sehr beengt. Und: die Schwerelosigkeit. Selbst der Rückstoß des Tippens auf einer Tastatur würde den Körper davonfliegen lassen. «Deswegen bauen wir ­viele Fußrasten ein, damit die Astronauten die ­Hände frei ­haben und sich nicht ständig wo anhalten müssen.» Auch das mit der Hygiene ist gar nicht so einfach. Denn Flüssigkeiten machen sich in der Schwerelosigkeit ­beinahe selbstständig, tanzen als einzelne Tropfen durch den Raum. Das löst man bei Getränken mit Ventilen oder bei breiigen Substanzen mit der Verpackung. Bei Chili con ­Carne ­hieße es also: Aus der Verpackung zuzeln oder sehr vorsichtig löffeln. Auf der Toilette braucht es allerdings andere Lösungen. Denn ohne Schwerkraft plumpst auch nichts einfach so in eine Kloschüssel. Deshalb kommen ­Geräte zum Einsatz, die wie Staubsauger funktionieren, mit ­unterschiedlichen Aufsätzen.
Ihren Beruf findet Barbara Imhof nicht nur spannend, weil er andere Herausforderungen als herkömmliche ­Architektur bietet: «Wir haben es im Weltall mit einer großartigen Testumwelt zu tun, in der wir etwa Kreislaufsysteme, Wasserreinigung und Biosphären testen können. Dinge, die wir auch auf der Erde gut gebrauchen können.» Gerade arbeitet die Weltraumarchitektin an einer Plattform, von der aus Astronaut:innen den Mond beforschen und später auch zum Mars reisen sollen. Dafür entsteht ein Prototyp der Wohnstätte im Maßstab 1:1. So sollen Astronaut:innen schon vor dem Losfliegen testen können, ob das Habitat richtig konzipiert wurde.