Augustin 278 - 07/2010
Wien muss Reykjavik werden, aber voller Zogajs
Einer der schärfsten Kritiker des österreichischen Asylrechts ist Rechtsanwalt Lennart Binder. Die Situation sei unerträglich geworden, sagt er in einem Interview mit Kerstin Kellermann (Seite 14). Empörend sei, dass der Asylgerichtshof sich nicht wie ein oberstes Gericht benehme, sondern Polizeiverhöre durchführe, und dass er prinzipiell davon ausgehe, dass Asylbewerber lügen.In dieser Ausgabe beleuchten wir zwei weitere Felder, auf denen «Fremde», Zugereiste lernen können, wie unwillkommen sie hier sind. Die Verschärfung der Wiener Bettelverbote, eine Initiative der Sozialdemokraten (was sogar die FPÖ überraschte), war Thema des Ersten Wiener Bettelsymposions (Seite 16), dessen Ergebnisse Ulli Gladik für den Augustin zusammenfasste. Und Tina Leisch verdeutlicht den Stellenwert, den KünstlerInnen mit migrantischem Hintergrund für die Wiener Kulturpolitiker haben. Die Kultursubventionen fließen an ihnen vorbei (Seite 35).
In Island haben KünstlerInnen den Spieß umgedreht und die Verwaltung der Hauptstadt übernommen. Mit ihrem surrealistischen Projekt «Beste Partei» (Seite 32) haben sie die Nachfolge der völlig diskreditierten Traditionsparteien angetreten. Das reizt zu Tagträumen: Reykjavik an der Donau. Ein Griller auf der Donauinsel. Daneben picknickt Familie Zogaj. Und Lennart Binder wird Chef des Asylgerichtshofs.
Elfriede Jelineks Homepage ist eine Fundgrube voller der Realität angemessenen Worte, und die aktuellsten dieser Worte so wünschten wir es dieser Tage möge sich der Herr Bundespräsident zu Herzen nehmen. Es war natürlich ein naiver Wunsch. Heinz Fischer hat keine Anlagen, aus der Elite auszuscheren, dessen Teil er ist.