Augustin 383 - 02/2015

Von der Bühne in den Untergrund

Die Serie der 20-Jahre-Augustin-Veranstaltungen hat begonnen. Und Peter Turrini stellte sich als erster Gratulant ein. Konkret: Der Alpensaga-Autor huldigte einem Laienensemble, das unter dem Titel 11% K.Theater ein von vielen als sensationell erachtetes Debüt feierte. Mit Turrinis «Sauschlachten», dem Paradestück der «Nestbeschmutzung» und des «Heimatverrats» der 70er Jahre, hat sich die Theatercrew der Straßenzeitung für ein Werk entschieden, das bereits an vielen Bühnen der Hochkultur zur Aufführung gebracht wurde.Die Produktionen der Augustin-Mim_innen sind somit erstmals der Möglichkeit des Vergleichs preisgegeben, und wenn man Turrini glaubt, fällt ein solcher Vergleich kaum zu Gunsten des professionellen Theaterbetriebs aus. Mit «Sauschlachten» ist so etwas wie ein Durchbruch gelungen, spürt das Ensemble, fiel auch Kritiker_innen auf. Ein Durchbruch vom Dilettantischen im umgangssprachlichen Sinn («Nichtskönner») zum Dilettantischen im eigentlichen Wortsinn: zur Freude am Rollenspiel, zur Theaterleidenschaft. Am Abend der Premiere, nach starkem Applaus, wandte sich Turrini an die Augustin-Schauspieler_nnen, die plötzlich ihre heimliche Anlage zur Rampensauigkeit gespürt hatten; und danach richtete ein Sprecher des 11% K.Theaters ein paar Worte an Turrini: ein Dankeschön für ein wahrhaft politisches Stück, das Jahrzehnte nach seiner Entstehung immer noch ein gültiges Statement gegen die Ausgrenzung der «Unnormalen» aus unserer Gesellschaft darstellt. Stimmen zur Premiere: Seiten 24, 25.

Die Form freilich blieb dem Konventionellen verhaftet: Oben die Bühne mit den Agierenden, unten die Sesselreihen mit den Reagierenden, dazwischen eine chinesische Mauer, auch wenn infolge räumlicher Enge der Atem der Schauspieler_innen zu spüren ist. Auch den Kritiker_innen des «Guckkastentheaters» hat der Augustin etwas zu bieten, und zwar schon beim Termin Nr. 2 des Jubiläumskalenders. Für Freitag, den 13. Februar (F13!) ist Guerilla-Theater im halböffentlichen Raum angesagt, eine aktionistische Intervention der Verkäufer_innen und Fans des Augustin. Nie gesehene Kontrollorgane bereiten Razzien im U-Bahn-Netz vor, bei denen Schwarzfahrer_innen aus dem Schneider sind. Denn den faschingsgemäß «umgedrehten» Kontrolleur_innen ist nach allem anderen als nach Bestrafung der Gratis-Benützer_innen zumute. Treffpunkt für alle, die mitmachen wollen oder die imaginären Kontrollorgane begleiten möchten: 13 Uhr, Augustin-Innenhof, 1050, Reinprechtsdorfer Straße 31.

Rückzug aus Verlustzone

Raiffeisen in Zentral- und Osteuropa

Die Märkte in Zentral-und Osteuropa wurden von Raiffeisen International dank des Systems «Gruppenbesteuerung» in Österreich günstigst erschlossen. Jetzt soll ein Rückzug gemanagt werden.
Zur Vorgeschichte: 2005 beschloss die damalige und später abg… weiterlesen

Die Identitätsfalle

eingSCHENKt

Menschen ohne Bekenntnis haben höhere Bildungsabschlüsse als Katholik_innen in Österreich. Kulturalistischer Kurzschluss: Um ökonomisch fit für die Zukunft zu sein, müssten wir die Katholik_innen zurückdrängen, um die Bildungsquote zu erhöhen.Die let… weiterlesen

Meine Initiation in die «Männergemeinschaft»

Die Zeit der Ablösung von der Frauenseite in der Kirche und mein Übergang auf die Männerseite
«Es wird Zeit, dass du bei den Männern sitzt. Du siehst, auf der Seite der Frauen sitzen nur kleine Buben. Es wird allmählich unpassend, dass du in der Ki… weiterlesen

Tanz mit mir

Komm tanz mit mir
Diesen einen Tanz
Des Sich-Verlierens
Und Wieder-Findens
Komm tanz mit mir
Diesen Tanz
Des Sich-Spürens
Und Gespürt-Werdens

Komm tanz mit mir
Diesen Tanz
Des Sich-Haltens
Und des Gehalten-Werdens

Komm tanz mit mir
Diesen Tanz
Dies… weiterlesen

Ich spiele Eishockey

langer heimweg
gehe zur u-bahn
unten im vestibül der u1
10 halbstarke
sie sagen spruch
«brauchst was?»
«haha, du könntest meine hockeytasche tragen, haha»

will er dann doch nicht …

ich fahr rauf
mit der rolltreppe, was sonst?
geh am bahnsteig gan… weiterlesen

Fünfundfünfzigtausend Entmündigte

Das Sachwalterschaftsrecht als Disziplinierungs-Instrument

Ende des vergangenen Jahres jährte sich die Einführung der Sachwalterschaft in Österreich zum dreißigsten Mal. Die Sachwalterschaft löste die Entmündigung ab. Was bedeutet das konkret? «Über die Entmündigung wurde ohne Hinzuziehung der Betroffenen vo… weiterlesen

Das unsanfte Ende einer Illusion

Oberwart, Teil I: zwanzig Jahre nach dem Attentat

Zum zwanzigsten Mal jährt sich am 4. Februar der Tag, an dem in Oberwart eine gezielte Rohrbombe vier Männern das Leben nahm. «Das Ende der Illusion» nennt der Historiker Gerhard Baumgartner diesen Moment. Wir haben uns in Oberwart umgehört, was seit… weiterlesen

Wertlose Beweggründe?

Peter Rosenauer «sitzt», weil Zivilcourage kriminalisiert wird

Der Tierrechtsaktivist Peter Rosenauer wurde bei einer Protestaktion gegen die Firma Kleider Bauer von deren Mitarbeiter_innen ins Innere einer Geschäftsfiliale gezerrt und schwer misshandelt. Vor Gericht mussten sich jedoch nicht die Täter_innen ver… weiterlesen

«Zuschauen ist strafbar!»

Einmal mehr über Amts- und Misshandlungen

Über eine fragwürdige Amtshandlung gegenüber einem Bettler und über den Versuch der Polizei, die Beobachtung der Amtshandlung zu verhindern, berichtete der Augustin in Ausgabe Nr. 381. Unsere Leserin Evelyn Ram motivierte dieses couragierte Augenzeug… weiterlesen

Schöne neue Welt

Sechs mal sechs Meter: die Formel zum Glück

Zlín? Viele zucken bei Erwähnung dieses Namens nur mit den Schultern. Nie gehört! Dabei galt diese südmährische Stadt vor gut einem Jahrhundert noch als «modernste» Stadt Europas. Wir haben sie besucht.

Foto: Wenzel Müller

Schuhe aus Stoff, Gumm… weiterlesen

Seethaler bleibt Seethaler

Run auf die neuen Poesiezetteln – aus Wut und aus Sympathie

«Sie haben mir wieder an allen Stationen der Linie 5 all meine Gedichte runtergerissen UND am Boden liegen gelassen. Jeweils in hunderte kleine Teile zerrissen. Was für kranke Wut auf kleine Zettel mit Literatur! Ich sah bei einer Station von weitem … weiterlesen

Mit 10 Stundenkilometer über das Spielfeld

E-Rolli-Fußball in Österreich

Nicht nur Hilfsmittel, sondern auch Spielgerät: Beim E-Rolli-Fußball wird mit dem Rollstuhl geschossen und gedribbelt. Ansonsten gilt wie beim herkömmlichen Fußball: Das Runde gehört ins Eckige.

Foto: Wenzel Müller

Da eine Lücke. Martin Ladstätt… weiterlesen

Turrini: «Fühle mich beschenkt»

Premiere «Sauschlachten» 11% K.Theater Augustin

Ein gefundenes Fressen waren Turrinis Stücke für die «Kronen Zeitung», die ihn als subventionierten Österreichbeschimpfer denunzierte. Das war vor 40 Jahren; wer meint, die Gesellschaft sei offener geworden und ein Stück wie «Sauschlachten» bringe in… weiterlesen

Schreiben hinter Schwedischen Gardinen

Augustin ist 20 und schaut zurück auf 1997, den Jahrgang Nummer 3

Für «Häfn-Texte aus dem 10erl» war 1997 je Ausgabe eine Seite im Literaturteil reserviert. Augustin-Autor Franz Blaha, der die Schreibwerkstatt im Favoritener Knast leitete, erzählt über dieses Projekt, das in einer «relativ liberalen» Zeit im Strafv… weiterlesen

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