Augustin 392 - 06/2015
Endlich ist es so weit – lang ersehnt, heiß erfleht: Der neue Gustl-Sammelband ist da. Am 19. Juni stellt sein Schöpfer Thomas Kriebaum den dritten Band mit den gesammelten Gustl-Streifen mit dem Titel «Die Parksaison ist eröffnet» der Weltöffentlichkeit vor, und zwar am Siebenbrunnenplatz, wo zu Ehren des Helden von Seite 3 an eben diesem Tag die Augustin-Olympiade mit dem «Überlebens Fünfk(r)ampf» stattfindet. Den Sieger_innen winken schöne Preise, und Goldmedaillen gibt’s für alle Teilnehmenden, weil Sich-Messen eigentlich nicht wirklich unserer Philosophie entspricht. Also dabei sein und Spaß haben sind die einzigen Kriterien für die Teilnahme, mitmachen kann jede und jeder. Wir ersparen allen die Qual der Quali.Nicht erspart blieb selbst jenen, denen er völlig blunzen ist, die penetrante Belästigung durch den Eurovision Song Contest. Der Augustin ist weitestgehend eine ESC-freie Oase geblieben. Außer unserem Mann für aktuelle Angelegenheiten Gottfried macht sich diesmal Musikarbeiter Rainer Krispel auf Seite 28 Gedanken über das Riesen-Event und stellt mit We Walk Walls eine Band vor, die niemals in den Dunstkreis des musikalisch nichtssagenden Wettstreits gelangen wird – und dafür umso spannendere und relevantere Musik produziert.
Dass Wettbewerb sein muss, ist ein schon lange widerlegtes Dogma und wird von den Gläubigen der «freien» Marktwirtschaft trotzdem in immer mehr Bereichen gefordert. Wer nicht aller soll angeblich zum Wohl der Kundschaft konkurrieren: Schulen, Spitäler, Würstlstandln … und die nun in allen Lebenslagen zu Kund_innen gemachten Menschen müssen sich auch immer öfter entwürdigenden Castings unterwerfen, um zu grundsätzlich allen zustehenden Leistungen wie Bildung oder Wohnen zu kommen. Kein Wunder, dass sich Leute zunehmend zumindest teilweise aus dem schweißtreibenden Rennen ausklinken. Dabei ist miteinander statt gegeneinander zu arbeiten, um etwa unabhängig von allein an Gewinnmaximierung orientierten Unternehmen Projekte zu schaffen, kein neuer Hut. Burkhard Schelischansky meint, dass genossenschaftlicher Wohnbau in seiner ursprünglichen Form, wie er in Österreich in den 1920er Jahren umgesetzt wurde, vielleicht auch heute eine Möglichkeit wäre, leistbaren Wohnraum zu schaffen (S. 6–7). Günstiger Wohn- und Arbeitsraum würde sich in den oftmals leerstehenden städtischen Erdgeschosszonen finden, der Frage, warum z. B. offenbar viele Hausbesitzer_innen Parterres trotz Bedarfs lieber vergammeln lassen, geht Betül Bretschneider nach (S. 16–17). Lieber «Reitersleute» oder landwirtschaftliche Maschinen hätte der Besitzer des Kleylehofs in seinen Hallen und verlängert den Mietvertrag mit Künstler_innen, die dort einen der spannendsten Kunstorte Österreichs schufen, nicht. Lisbeth Kovačič porträtiert das widerständige Kunstprojekt im Burgenland auf Seite 26 in Wort und Bild – hoffentlich doch kein Nachruf! Wie ein treffender Kommentar zum burgenländischen Wahlergebnis liest sich Hans Göttels «Europa passt in keine Plutzer» (S. 36–37), doch die lyrische Auseinandersetzung mit der Scheuklappenpolitik entstand bereits geraume Zeit vor dem pannonischen Urnengang.