Augustin 426 - 12/2016
Win-win in der Vorweihnachtszeit
Ob man nun findet, es sei immer dasselbe (und durchaus schon ein bisserl fad), oder ob man es als den verlässlichen Lauf der Dinge interpretiert, fest steht: Es ist schon wieder eine Wahl geschafft, und es ist schon wieder kurz vor Weihnachten. Was gibt es da Schöneres, als durch die Stadt zu stiefeln, kleine Nebelschwaden in die Winterluft zu atmen und sich die frostverbeulten Fingerspitzen nebst dem von einem langen Jahr herausgeforderten Gemüt an einem Häferl Punsch zu wärmen? Eben, nichts.
Obwohl wir ja sonst gern Tradition und Brauchtum verweigern, müssen wir diesmal mit einem gesunden Quäntchen Stolz sagen: Uns ist eine richtige Adventnummer gelungen!Kirchgänger_innen blättern am besten gleich bis Seite 16 vor: Dort nimmt Karl Weidinger sie in die architektonisch interessantesten Gotteshäuser mit, von Wien-Mauer bis Matzleinsdorf, von «Stonehenge» bis in die UNO-City. Vom Glühweinsaufen und einer «Tiefkühlentn vom Balaton» dichten Sonja Henisch und Barbara Kiesl auf Seite 36. Auf Seite 11 stürzt sich Peter A. Krobath furchtlos in die Menge der Weihnachtsmarktbesucher_innen und forscht nach, wie der Spittelberg durch die wundersamen Kunstgriffe eines ehemaligen Grünen zum gentrifizierten Kommerzpflaster werden konnte. Und auch der Herr Hüseyin (Seite 35) geht, obwohl er Verweigerungshaltung mimt, in Wirklichkeit gern auf den Christkindlmarkt. Das ist, wenn man sich in der Welt umschaut, nämlich fast das Einzige, was das Christentum richtig gemacht hat. Neben der interreligiösen Einführung des Weihnachtsgeldes! Aber diese Geschichte würde hier zu weit führen …
Dass jedoch nicht jede_r willkommen ist, Punsch zu konsumieren, mussten einige Augustin-Verkäufer_innen erfahren: Ausgerechnet beim Standl des Obdachlosen-Betreuungszentrums «Gruft» wurde ihnen das Häferl verweigert. Nach dem Grund haben wir die Kolleg_innen aus der «Gruft» selbst befragt und möchten sie (weil wir nicht ganz einverstanden sind) in einem Brief auf Seite 10 zur Diskussion herausfordern. Und weil manche Augustin-Verkäufer_innen unsanft ihres Verkaufsplatzes verwiesen werden, um der von Armut ungestörten Weihnachtsmarktromantik Platz zu machen, und weil selbst der «Standard»-Einserkasterl-Autor sich schon fürchtet, am Marktstandl von einem Augustin-Verkäufer (Zitat: «ganz sicher kein echter») verfolgt zu werden (Replik auf Seite 13), möchte ich mit dem saisonalen Gebot der Nächstenliebe schließen: Verzichten Sie doch lieber auf den nächsten Punsch und geben Sie die drei Euro fünfzig einer Person, die sie dringender braucht. Gesund & gut: eine vorweihnachtliche Win-win-Situation!