Augustin 482 - 05/2019
Das große Stinken
«O meine That ist faul, sie stinkt zum Himmel» ist zwar zugegebenermaßen nicht so berühmt wie «Sein oder Nichtsein», aber es ist auch Hamlet, und ehrlich gesagt liegt darin ein gesünderes Sentiment als der existenzielle Selbstzweifel: die pragmatische Selbsterkenntnis. Zum Himmel stinkt – ganz ohne Selbsterkenntnis – auch die neueste «That» der Bundesregierung, Kraft ihrer Mehrheit im Nationalrat die «Sozialhilfe neu» durchzusetzen, die weniger neue Hilfe als neue Sozialfälle produzieren wird. Weil es von Nutzen ist, den Durchblick zu bewahren, wenn ein Desaster dieses Ausmaßes auf uns zurollt, haben wir auf Seite 8 in einem «Kleinen Wörterbuch der geminderten Sicherheit» für Sie zusammengefasst, wie diese «Sozialhilfe» in Zukunft aussehen – und wen sie ausschließen soll.
Auch in der Vorstadt fäut’s und miachtlt’s diesmal, und zwar wahlweise nach Pferdepipi oder geschmolzener Schokolade. Die Kulturwissenschaftlerin Stephanie Weismann führt uns in ihrer neuen Serie (Seite 14–15) an der Nase in der Stadt herum – vom «Great Stink» bis zur Deodorant-Moral durchlaufen wir einen Einführungskurs in urbaner Olfaktorik.
Der Wunsch nach «olfaktorischer Stille», sprich: Geruchslosigkeit, eint hingegen die Fluggegner_innen von Heathrow bis Nantes und von Schwechat bis Parndorf, wo es nicht zum, sondern vom Himmel stinkt, wenn wegen nächtlichen Flugverbots über Wien die Flugbahnen umgeleitet werden. Abgasgestank, Lärm und Umweltbelastung können durch einen Flughafenausbau nur schlimmer werden, befindet Parndorf, und hat darum beschlossen, dass in Sachen dritte Piste das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Robert Sommer und Lisbeth Kovačič sind (mit der Bahn!) ins Burgenland gereist, um für unsere Titelstory (Seite 6–7) einem renitenten Bürgermeister in die Karten zu schauen.
Weniger um gerümpfte Nasenlöcher als um gebrochene Nasenbeine geht es schließlich in der AUGUSTIN-Sportberichterstattung. Wobei im Training von Leopold Kreczy der Schlag auf die gegnerische Nase ein absolutes Tabu ist, wie der Autor und kurzfristige Boxschüler Wenzel Müller gelernt hat. Für seine Reportage (Seite 16–17) ist er zwar nicht in den Ring gestiegen, hat sich aber immerhin in einen Kurs des Wiener Universitätssportzentrums gewagt – und dort ein bisschen was vom Einstecken und Austeilen gelernt.
Einen kämpferischen Geist für die Zeiten fortschreitenden Sozialabbaus wünscht
Lisa Bolyos