Augustin 487 - 08/2019

Schwer zu (er-)tragen

Insgeheim hätten wir uns in der AUGUSTIN-Redaktion ein Sommerloch gewünscht, um weniger arbeiten zu müssen, doch es drängten sich so viele Themen auf, dass diese August-Nummer sogar überdurchschnittlich umfangreich ausgefallen ist. Die Kolporteur_innen werden uns Redakteur_innen dafür verfluchen, weil sie schwerer zu tragen haben – und das bei den hohen Temperaturen, die wir seit dem Frühling immer wieder durchzustehen haben.
Naheliegend ist es, an das kühlende Nass zu denken, aber bitte dieses nicht nach der Methode unseres Mitarbeiters Hans Bogenreiter, als er noch jung und «übermütig» gewesen ist, aufsuchen. Er und seine Kumpels provozierten einen Einsatz der Gendarmerie, wie damals am Land die Polizei genannt worden ist. Was sich genau abspielte, können Sie im dichter innenteil lesen (S. 36). Bei dieser Geschichte kann man noch von einer Komödie sprechen, doch leider sehr unlustig geht es in der Coverstory zu. Sollten Sie aus Afrika stammende AUGUSTIN-Verkäufer_innen vermissen, denken Sie sich vermutlich zuerst: Fein, die haben es geschafft, sie sind nicht mehr auf die Zeitungskolportage angewiesen, sie können einem «normalen» Job nachgehen. Doch die Wahrheit ist oft eine andere, nämlich eine sehr traurige: Einige unserer – in erster Linie männlichen – Verkäufer aus Afrika sind abgeschoben worden oder sitzen in Schubhaft. Christof Mackinger hat mit drei Betroffenen gesprochen (S. 6).
Alles andere als ein normaler Job ist die 24-Stunden-Pflege im privaten Bereich. Frauen, die diesem in Österreich nachgehen, kommen meist aus dem sogenannten osteuropäischen Raum. Nicht nur, dass sie zur Scheinselbstständigkeit gezwungen sind, erhalten sie seit dem 1. Jänner aufgrund der Indexierung der Familienbeihilfe bis um die Hälfte weniger Geld für ihre im Herkunftsland lebenden Kinder. Mareike Boysen traf im Währinger Villenviertel eine aus Rumänien stammende Pflegerin und Mutter dreier Kinder (S. 10).
Bis aller Voraussicht nach der Europäische Gerichtshof diese Familienbeihilfe-Indexierung kippen wird – das Vertragsverletzungsverfahren läuft schon längst –, wird viel Schaden angerichtet worden sein. Zu verdanken ist dieser der türkis-blauen Regierung. Einen Überblick über die vielen Misthaufen, die diese Regierung hinterlassen hat, bietet unser Grafiker Karl Berger mit seinem druckfrischen Buch. Der Verfasser dieser Zeilen sprach mit ihm über seine Rolle als «politischer» Zeichner (S. 30), denn Kollege Berger ist nicht nur Grafiker, sondern eine_r der arriviertesten Cartoonist_innen des Landes.
So, jetzt ist vorerst genug gehackelt worden, die AUGUSTIN-Redaktion nimmt sich nun hitzefrei und lässt mit den vorliegenden 56 Seiten (inklusive Beilage) eine nicht gerade leichte Sommerlektüre zurück.

wos is los … beim Augustin

Eine Entwicklungsgeschichte

«Organisationsentwicklung» hatte – ehrlich gestanden – beim Augustin rund 20 Jahre lang den Stellenwert eines Schimpfwortes: Es handle sich dabei um eine zynische Erfindung des Neoliberalismus, die nur einer Seite diene, nämlich den Entwickler_innen,… weiterlesen

Eine Trutzburg

Augustiner Philipp Sonderegger

Die erste Begegnung mit dem AUGUSTIN war, als wir MO – Magazin für Menschenrechte, die Zeitschrift von SOS Mitmensch, gemacht haben. Wir sind auf Besuch gekommen und haben uns beraten und abgeklärt, auf was wir achten müssen. Ich habe den AUGUSTIN na… weiterlesen

«Ich muss ständig über meine ungewisse Situation nachdenken»

Alltag. ­Immer wieder machen ­zermürbende Asylverfahren und ­drohende Abschiebung unseren Kolleg_innen, die den ­AUGUSTIN
verkaufen, das Leben schwer. ­Text: Christof Mackinger, Foto: DIE IDA

«In meinem Fall haben schon alle Behörden des Landes … weiterlesen

Wie recht der Kasperl hatte

Waldviertelautobahn: Wer profiert? Umwelt? Menschen? Konzerne?

Region und Transit. Das bekannte ­Duett der österreichischen Superbaufirmen hat Appetit auf Großprojekte. Die ­Republik sorgt dafür, ihn zu stillen. Noch glauben viele, die Waldviertelautobahn sei gut für das Überleben der Region, aber es regt sich W… weiterlesen

Etwas mit Blumen

Indexierung der Familienbeihilfe

Viele EU-Bürgerinnen arbeiten als 24-Stunden-Betreuerinnen in Österreich. Seit der ­Indexierung der Familienbeihilfe haben die ­meisten weniger Geld für ihre Kinder zur Verfügung. Über Knochenjobs, Scheinselbstständigkeit und die Träume einer Betroff… weiterlesen

Befehl und Gehorsam

BFA gegen Asyl in Not. Ein Prozess gegen den Verein Asyl in Not wirft Fragen von Zivilcourage, Meinungsfreiheit und individueller Verantwortung auf. Christian Bunke war im Wiener Landesgericht dabei.

Die Menschenrechtsorganisation Asyl in Not hatt… weiterlesen

Angekommen

Wagenplatz: erstmals unbefristeter Mietvertrag

Ende einer Odyssee: Nach zehn Jahren Nomad_innentum bekam der Wagenplatz Treibstoff nun einen ­unbefristeten Mietvertrag von der Stadt Wien. Text: Armin Grasberger, Illustration: Much

So ein Umzug geht an die Substanz. Ein ewig langer Prozess, der… weiterlesen

Baby, you can’t drive my car

Verkehrswende und Polizeigewalt

«Das Auto», schreibt die Gruppe System Change Not Climate Change, «steht dem Guten Leben für Alle im Weg.» Es nimmt sich zu viel Raum, gefährdet Menschenleben und vergiftet die Umwelt: «Rund 30 % der Treibhausgas-Emissionen sind in Österreich dem Str… weiterlesen

«Rotes Moskau» und «Wiener Blut»

Immer der Nase nach (Ietzter Teil)

Was erzählen uns Parfüms über ihre jeweiligen kulturellen und ideologischen Hintergründe? Welche regionalen Duftmarker sind in das kollektive Gedächtnis eingegangen? Im letzten Teil der Serie unternimmt Stephanie Weismann (Text) eine Schnupperfahrt v… weiterlesen

Elysium der Marchfeldliebe

Mitten im Marchfeld ist ein Museum vorzufinden, das vielleicht nicht mehr lange ein Geheimtipp bleibt. Unter anderem ist das Anton
Tantner (Text und Fotos) geschuldet, der dieses Trockenrasenmuseum in Lassee besuchte.

Spektakuläre Museumsbauten … weiterlesen

Über Schach hinaus

Die Wiener Schachgruppe Four Kings Vienna will weithin unbekanntes asiatisches Schach populär machen. Christian Kaserer (Text und Fotos) über Shogi, Xiangqi und Artverwandtes.

Um die Erfindung des Schachspiels ranken sich viele Legenden, und die ä… weiterlesen

«Leichter verständlich»

Maria Hengstberger wollte früh in ihrem Leben Ärztin werden, um anderen Frauen zu helfen. Von Uwe Mauch (Text) und Mario Lang (Foto)

Aktion Sonnenschein: Wenn Maria Hengstberger mit ihrem einnehmenden Lächeln das Café Westend betritt, geht die Son… weiterlesen

«Fingerdruck» im Park

Schauplatz Augarten, 4. August: Shiatsu zugunsten des AUGUSTIN

Bereits 2007 wurde Shiatsu-im-Park von einer Gruppe selbstständiger Shiatsu-Praktiker_innen initiiert. Seither läuft es jeden Sonntag zwischen Mai und September. Bewährt hat sich dabei auch der Standort im Augarten. Heuer bei der Schankwirtschaft, di… weiterlesen

Radikal Schick

Barrierefreie Mode. Die ­Wiener Fashionszene ist zwar klein, aber kreativ. Mit MOB-Industries gibt es jetzt eine Marke, die zeitgenössische Mode für Menschen mit und ohne Behinderungen anbietet. Text: Ruth Weismann
Fotos: Lisa Bolyos

«Das Hemd f… weiterlesen

«Ich wäre gerne nur witzig»

Der Cartoonist und AUGUSTIN-Grafiker Karl Berger über sein Buch und Unterstellungen

Nach dem Abdanken der türkis-blauen Regierung veröffentlichte Karl Berger jene Cartoons in Buchform, die er während der Kurz’schen Regentschaft angefertigt hatte. Betitelt ist diese Sammlung von 97 Cartoons bezeichnenderweise mit Kurzschluss. Ein Ges… weiterlesen

L U V, L U V!

Musikarbeiter unterwegs … traurig, trotzig, wütend, hilflos

Kurt Holzinger ist gestorben. Sänger der Linzer Band-Legende Willi Warma sowie ­leidenschaftlicher Redakteur der Versorgerin. Farewell für (m)einen Hero. Text: Rainer Krispel, Foto: Mario Lang

«Some day these augusts will kill me, I find them way … weiterlesen

Architektur für den Planeten

Filmfestival

Welche Rolle können/sollen/müssen Architektur und Urbanismus in Zeiten des menschengemachten Klimawandels spielen? Dieser Frage widmet sich die siebte Ausgabe des Architektur.Film.Sommer – das Open-Air-Architekturfilmfestival des Architekturzentrum W… weiterlesen

Bibliotick: Wörter und Stickerei

Zwei Zitate stellt Nadine Kegele an den Beginn ihres Buchs Und essen werden wir die Katze: Einen Satz von Irmgard Keun: «Heimat ist da, wo man gut behandelt wird.» Und: «Das Andere ist das, was ich gefangen halte» von Anita Pichler. Beide Aussagen be… weiterlesen

sommernachmittag

die sonnenstrahlen bahnen sich ihren weg
durch die vergilbte terrassentür in den raum und bringen
– man merkt es kaum –
die motoren zum singen.
der start der «formel 1» war deins.
alonso, senna, prost
– geben mir jetzt trost.
das leben zieht d… weiterlesen

Der Sechserbob

Zugegeben: Es war eine Schnapsidee, obwohl nichts Hochprozentiges im Spiel war, auch kein Midnight Special*. Schließlich reichten auch die üblichen alkoholischen Getränke, also Bier und Wein beim Stammwirt.

Es ist außerdem nicht mehr zu eruieren, … weiterlesen

Maly Trostinec – Testimonium

Hitzewellen. Nichts Neues mehr. Der Verstand gewöhnt sich an vieles, ist in der Lage zu verdrängen. Das ist in Notzeiten eine überlebenswichtige Funktion. Nicht aber der Körper. Der vergisst nicht. Ich fahre also Richtung Südtirol ins Val Venosta, um… weiterlesen

teilen: