Augustin 499 - 02/2020

Zwischen null und drei Pullover

Der Architekt Boris Podrecca, dem übrigens noch bis zum 20. März im Ringturm eine Ausstellung gewidmet ist, äußerte sich in einer Podiumsdiskussion sehr kritisch zum Thema thermische Sanierung. Er meinte sinngemäß, diese Form der Sanierung sei übertrieben in Mode gekommen. Heizenergie ließe sich einfach sparen, indem die Raumtemperatur eher niedrig gehalten würde. Um nicht zu frieren, müsse man, was durchaus zumutbar sei, auf einen Wollpullover zurückgreifen.
Der niedrigen Raumtemperatur wegen zuhause oder im Yogastudio einen Wollpullover tragen zu müssen, wäre den Menschen, die Magdalena Willert ausfindig gemacht hat, der blanke Horror: Sie porträtiert bekennende Nudist_innen, die ihr verraten haben, wo sie im Winter – auch vor der Fotokamera von Nina Strasser – die Hüllen fallen lassen (S. 14). Anders ausgedrückt, viel Haut für AUGUSTIN-Verhältnisse.
Nicht nur um Haut geht es in der Titelgeschichte. Anlässlich des Black History Month, zu deutsch «Monat der Schwarzen Geschichte», in dem Schwarze Menschen weltweit jedes Jahr die Errungenschaften und Erfolge von Afro-Persönlichkeiten feiern und die Geschichten ihrer Vorfahren selbst erzählen, sprach Imoan Kinshasa mit zwei Schwarzen Wiener_innen (S. 6). Die Situation habe sich zwar in den letzten Jahren verbessert, aber es ist noch immer viel Luft nach oben, meinen die Befragten, der Journalist Rilwan Mogaji und die Schauspielerin Marie Noel Ntwa.
Weiß zu sein, bedeutet in der Filmbranche nicht automatisch, dass einer alle Türen offen stehen. Mit der Nouvelle Vague und dem Neuen Deutschen Film wurden zwar bedeutende Kapitel in der Nachkriegsfilmgeschichte aufgeschlagen, doch selbst für diese progressiven Stilrichtungen zeichneten beinahe ausschließlich Männer verantwortlich. Dass es damals in der cineastischen Provinz Österreich noch schlechter für Filmemacherinnen bestellt gewesen ist, kann man sich leicht ausmalen. Erst 1976 und nach Überwindung massiver Widerstände setzte der ORF einen Film einer Regisseurin um. Käthe Kratz, schon früher die erste Regiestudentin an der Filmakademie, gelang diese Premiere. Julia Pühringer traf die Traditions- und Tabubrecherin anlässlich ihrer Werkschau im Metrokino (S. 24).
Käthe Kratz rüttelte nicht nur kräftig an den patriarchalen Grundfesten, sie zeigte auch ein dunkelgraues Wien mit seinen unrenovierten Hinterhöfen und Pawlatschen: Viel Substandard, somit billig, aber Vergangenheit. Zu befürchten ist, dass auch bei uns die Anzahl der Menschen, die sich keine Wohnung mehr leisten können, zunehmen wird. Barbara Eder sprach mit einem gut ausgebildeten Fünfzigjährigen, der sich trotz Gelegenheitsjobs keine fixe Unterkunft mehr finanzieren kann (S. 9). Unter der Daunenjacke trägt er manchmal bis zu drei Pullover.

Bereichernd

Augustiner Hans Bogenreiter

Im Hinterkopf hatte ich die Idee, eine Serie zu schreiben über Leute, die Projekte mit Einheimischen in der sogenannten Dritten Welt machen, und dann ist Robert Sommer genau mit dem Vorschlag zu mir gekommen. Das war der Beginn meines Schreibens für … weiterlesen

wos is los … beim Augustin

500

Der Augustin wird 500! 500-mal haben wir über das Coverbild diskutiert, 500-mal sind nach Redaktionsschluss noch Texte eingetrudelt, 500-mal haben wir es geschafft: 500-mal ist die Druckerpresse angelaufen, 500-mal sind die Verkäufer_innen ausgerückt… weiterlesen

19 Punkte für eine neue Mindestsicherung

eingSCHENKt

Mindestsicherung bleibt Bundessache. Das Sozialhilfegesetz gilt. Einzig bei den vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben Bestimmungen können die Länder reagieren. Für alles andere – und das ist das meiste – bleibt das Bundesgesetz bestehen: Besonders gi… weiterlesen

Wiener Kindheit

Black History Month. Im ­Februar feiern Schwarze Menschen weltweit Erfolge von Afro-Persönlichkeiten. Imoan ­Kinshasa (Text) und Jana Madzigon (Fotos) haben die Wiener_innen Marie Noel Ntwa und Rilwan Mogaji getroffen.

Was in den USA 1926 begann,… weiterlesen

Vom Schlafen ohne fixe Unterkunft

Besonders im Winter schläft es sich im ­Freien nicht ruhig. Und mitunter ganz anders als in Marc Augés ethnofiktionalem «Tagebuch eines ­Obdachlosen». Gesprächsfetzen einer Unterhaltung mit einem wohnungslosen Hacker in Wien.
Text: Barbara Eder, Il… weiterlesen

Geschichtsbild ohne Partisan_innen

HGM neu? Unkritischer und affirmativer Umgang mit der militärischen Vergangenheit Österreichs, Rechtsextreme Huldigungen – so die Kritik am Heeresgeschichtlichen Museum. Auf der Tagung und Ausstellung #HGMneudenken gab es Anregungen.
Text: Kerstin … weiterlesen

Wird die Bodenordnung reformiert?

Immo Aktuell

Leistbares Wohnen – kein ­Kernanliegen dieser Regierung. Die ­verfassungsrechtliche Regelung der ­Vertragsraumordnung könnte aber genau das ­fördern. Dass sie dennoch im Regierungsprogramm steht, wundert ­Raumplaner ­Rudolf ­Strasser (Text) – und läs… weiterlesen

Wer sorgt für wen?

Sachbuch: bezahlte und unbezahlte Pflegearbeit

«Von traditionellen Rollenmustern (…) halten die beiden nichts. Auch nicht bei der Hausarbeit, die lagern sie teilweise an eine Reinigungskraft aus.» In ihrem Beitrag Wir bleiben zuhause zitieren Jelena Gučanin und Christian Berger ein österreichis… weiterlesen

Eine menschliche Zukunft

Sabine Derflinger porträtiert Johanna Dohnal

Aus den Medien erfuhr Johanna Dohnal von ihrer bevorstehenden Ablöse als Ministerin im April 1995. Bundeskanzler Vranitzky konnte oder wollte der SP-internen Gegnerschaft der ersten österreichischen Frauenministerin nicht entgegenstehen. Von diesem E… weiterlesen

Nur nicht am Boden bleiben

Kunstvoll gescheitert: Stephan «Schuale» Pirker wollte sein Leben lang Skispringer werden – und ist’s irgendwie auch geworden. Nur heimst er damit keine Medaillen, sondern Kunstwerke ein. Text: Christiane Fasching, Fotos: Daniel Jarosch

Wir schrei… weiterlesen

«Etwas Sinnvolles»

Lokalmatadorin

Jasmin Waitzbauer hat schon als junge Frau ihre Berufung gefunden: in der Altenpflege. Text: Uwe Mauch, Foto: Mario Lang

Mit der Frau Fijala unterhält sie sich auch heute ausführlich. «Und immer wieder gerne.» Die Frau Fijala vertritt nebenbei die… weiterlesen

Traditions- und Tabubruch

Käthe Kratz

Käthe Kratz wollte Filme ­machen – aber anders. Das Filmarchiv Austria zeigt nun eine ­Retrospektive der revolutionären ­österreichischen Regisseurin. Julia Pühringer (Text) und Carolina Frank (Foto) haben sie getroffen.

«Vöcklabruck Ende der 70er… weiterlesen

Von Pippi Langstrumpf bis Wendy O. Williams

Musikarbeiter unterwegs … mit musikalisch wilden Buben und Frauen

«Age Of Scare» heißt das Album des Heavy-Quartetts Raptor 200. Sängerin und Texterin Claudia Jusits gewährt Einblicke ins Bandleben und die Metal-Szene. Text: Rainer Krispel, Foto: Mario Lang

Es gibt – zum Glück! – so viel Musik auf dieser Welt un… weiterlesen

Die freie Szene braucht ein Haus

Künstlerhaus Wien

Die Wiener Perspektive, Zusammenschluss der freien Performer_innen und Tänzer_innen, gab Anfang Februar per Presseaussendung bekannt, das ehemalige Theater Brut im Künstlerhaus besetzt zu haben. Für ein zukünftiges «Haus der performativen Künste», ge… weiterlesen

Wie gründe ich eine Band?

Rock, Pop, Indie – Musikmachen für Jugendliche

Du bist zwischen 16 und 22 Jahre alt und wolltest schon immer mal in einer Band spielen? Dafür gibt’s jetzt JamZilla. Da kannst du Musik mit Gleichaltrigen machen, und mal was ganz Neues ausprobieren. Die Jamsession wird von WienXtra veranstaltet und… weiterlesen

Das Leben trägt

Bibliotick

Eines Tages im Herbst 2008, schreibt der Lektor Rainer Götz, fragt eine Frau am Telefon, ob ihr Manuskript bei ihm eingelangt sei. Und ob sie das Verlagsprozedere – Reihenfolge des Posteingangs – beschleunigen könne, «wenn ich Ihnen sage, dass ich sc… weiterlesen

Zuerst aufwärmen, dann gehen

Barbara Kraus und Johnny feiern im Tanzquartier

Bevor Johnny aufs Publikum losgelassen wird, lädt die Performancekünstlerin Barbara Kraus zu einem Gespräch über ihr mittlerweile 30-jähriges Schaffen. Diese Unterhaltung in den Studios des Tanzquartier Wien mit dem Titel Wir gehen erst, wenn wir gek… weiterlesen

Rekonstruieren

Phettbergs Phisimatenten

Soeben träumte ich, dass mein chinesischer Partner (also ich), indem ich das aß, was ich gegessen habe, unser Geschäft glücklich vollendete. Also, beide Partner waren voll zufrieden mit dem «Geschäft». Ich seh aus dem Fenster hinaus und seh vollglück… weiterlesen

Die Diva zwischen meinen Beinen

Grischka Voss ist bulletproof!

Ins Theater zu gehen ist für mich das Überschreiten zweier Schwellen, erstens die Schwelle zu einer Art von geballter Energie, einem ungewohnten Gedankenkosmos oder einer Parallelwelt. Zweitens die Schwelle zu meiner persönliche Wunde, inmitten polit… weiterlesen

Die Hündin

Die Hündin
Affra ist besessen von der Mutter.
Und sie weiß: Ich bin die Einzige,
die zwischen ihr und der Mutter Liebe steht.
Denn sie versteht, mich als Tochter einzuordnen,
also toleriert sie mich. –
Ich weiß, dass sie mich gerne hat und vor … weiterlesen

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