Augustin 524
Verstaubte Radln & gestrickte Lastautos
Die Sonne scheint, die Tage werden länger, der Frühling ist da – selbst die Winterfaulen und Wetterfühligen spüren jetzt das Jucken in den Schenkeln, entstauben ihre eingekellerten Drahtesel und stellen sich bei der Radlwerkstatt ihres Vertrauens für ein «kleines Service» an. «Es gibt 168 Kilometer Radwege in Wien, wozu braucht’s da noch a Radstadion?», fragt der Bauarbeiter den Rennradfahrer im Cartoon von Kollege Much (S. 13) zum geplanten Abriss des Dusika-Stadions. Hackler gegen Hipster – ist das das Klassenverhältnis, das sich auf den geteilten Wiener Verkehrsflächen in «Auto gegen Fahrrad» abbildet? Diese und andere Fragen zur Verteilungsgerechtigkeit im Fahrbahnbereich haben wir der Verkehrsexpertin Irene Bittner gestellt und sind dabei der wahnwitzigen Idee verfallen, auch in Wien könnten eines von uns noch erlebten Tages Sitz- statt Parkplätze den Fahr- oder Gehbahnrand säumen, und das nächste Stadterneuerungsviertel würde statt auf einem stillgelegten Bahnhofsgelände auf einer ebensolchen Autobahn entstehen.
Einen Null-Emissions-LKW hat die Bildhauerin Claudia Märzendorfer produziert – ein künstlerisches Versprechen, in das sie sich mehr oder weniger unabsichtlich verstrickt hatte. Auf die Frage «Und was machst du jetzt so?» wollte die Künstlerin etwas möglichst Banales antworten: «Ich stricke einen LKW.» Das hat sie, obwohl sie das Stricken hasst, dann zumindest zu großen Teilen getan, erzählt sie Jella Jost (S. 27–28).
Und auch unsere Coverstory widmet sich einem Thema von höchster Klimarelevanz: Sanierung statt Neubau. Die Kollegen Gaisberger (Text) und Bigus (Fotografie) haben dafür sechs «spacige Stahlbetonschüsseln» von Kagran bis Alterlaa abgeklappert und mit detektivischem Gespür die Architekturgeschichte der Wiener Rundturnhallen recherchiert. Wieso es darin unter anderem um Altglasrecycling in Gleisdorf geht, und was ein 90-jähriger Herr Flinkerbusch aus Westfalen dazu sagt, lesen Sie ab Seite 6.