Augustin 584
Banale Frage?
Will mein Gegenüber wirklich wissen, wie es mir geht, wenn sie:er fragt «Wie geht’s?»? Und möchte ich der Person ehrlich antworten oder mit einer Small-Talk-Floskel wie «Danke gut und selbst?»? Für die Künstlerin CHRISTL MTH. ist «Wie geht es dir? // Eine beschissene Frage.» schreibt sie in ihrem Text Antworten auf die Frage, die ich hasse. Im Interview mit Lisa Bolyos erläutert sie u. a. den Hintergrund des Texts, der einen Teil unseres Coverschwerpunkts bildet (ab S. 6). Literarisches bildet eine Klammer dieser Ausgabe – in der art.ist.in-Story geht es um die Litera-Tour, die am 10. November in der Augustin-Lounge stattfindet. Mehr zu der Frauen-Lese-Reihe sowie Texte der auftretenden Autorinnen auf Seite 18 und im dichter innenteil.
Ob sich der Galerist und Vieltelefonierer Thomas Frankl mit der Frage «Wie geht es dir?» aufhält, ist fraglich. Der Sohn des Holocaustüberlebenden und Künstlers Adolf Frankl hat es eilig seine Familiengeschichte zu erzählen, meint Kerstin Kellermann, die den 88-jährigen traf und auch mit ihm telefonierte (S. 10).
Wie geht es uns als Gesellschaft, fragen die Augustin-Kolumnist:innen Martin Schenk (S. 5), Juliane Nagiller (S.12), Grace Latigo (S. 13), Jella Jost (S. 22), um zu informieren, zu analysieren, zu appellieren. Denn wenn es nicht gut geht, muss es Änderungen geben. Eine Binsenweisheit, dass dies für große wie kleine soziale Gruppen gilt.
Wie geht es euch, was braucht ihr? möchten wir auch von den Augustin-Verkäufer:innen wissen. Z. B. wünschen sie sich mehr Sichtbarkeit auf der Straße durch eigene Jacken. Vor ein paar Tagen wurden die ersten Augustin-Gilets geliefert und an interessierte Kolporteur:innen ausgegeben. Klarerweise gilt keine Pflicht zum Tragen des Teils; Uniformzwang und Augustin gehen nicht zusammen.
Text: Jenny Legenstein
Coverfoto: Jana Madzigon