Augustin 587
Die Rückkehr der Renitenz
Dank Redaktionskollegin Lisa Bolyos habe ich seit einem Weilchen wieder das Wort «Renitenz» gelesen. Es scheint leider etwas aus der Mode gekommen zu sein, was mir ein Blick ins Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache bestätigten konnte. Der aktuellste der dort angeführten fünf Beispielsätze datiert aus dem Jahr 2011 und ist der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit entnommen. Er lautet: «Und doch hat sich die Renitenz der Bayern am Ende für sie gelohnt.» Diesen herrlichen Satz lasse ich jetzt einfach mal so stehen und kehre zurück nach Wien, denn auch hier ist noch Renitenz anzutreffen. Sogar im Zentrum, denn Lisa Bolyos attestiert dem Karlsplatz eine «bemerkenswerte Renitenz». Näheres dazu in der aktuellen Coverstory (S. 6), die der Wiederöffnung des – eben am Karlsplatz befindlichen – Wien Museums gewidmet ist.
Weil die Renitenz, abgesehen von metaphorischen Beschreibungen von Plätzen, den Menschen vorbehalten ist, möchten wir in dieser Ausgabe auch auf einige Personen eingehen, denen dieses Attribut – aus unserer Perspektive im positiven Sinne – zugeschrieben werden kann: auf die Aktivist:innen der Roten Hilfe, die bei (polizeilichen bzw. gerichtlichen) Repressionen beraten (S. 10), auf eine reisende Roma-Gruppe, die «wild» campiert (S. 12) oder auf den Rollstuhlfahrer und Kunststudenten Philipp Muerling, der mit 30 (Kunst-)Aktionen innerhalb eines Jahres einen barrierefreien Haupteingang seiner Uni forderte (S. 20).
30 Jahrgänge sind zwar noch nicht geschafft, aber dass wir jetzt immerhin den zwanzigsten Jahrgang des Augustin-Kalenders feiern dürfen, ist der Persistenz von Urheber Christian Schallenberg und der Produktionsleiterin Isabella Novak vom Unternehmen «Die Kalendermacher» zu verdanken. Ihnen, werte Leser:innen, wünschen wir ein Adventklima nach Ihren Vorstellungen, die womöglich den Kauf eines Augustin-Kalenders beinhalten.
Text: Reinhold Schachner
Coverfoto: Michael Bigus